
Bühne frei für die Neue Festhalle in Bern
Seit der Eröffnung der Neuen Festhalle Anfang April hat sich auf dem Bernexpo-Areal einiges getan – auch hinter den Kulissen. Ein Gespräch mit Thomas Herger (Sportgastro AG) und Sandro Colombo (Bernexpo AG) über Abläufe, Zusammenarbeit und Livebetrieb.
Die BEA war die erste Bewährungsprobe für die Neue Festhalle und für euch hinter den Kulissen – wie ist der Start gelungen?
Thomas Herger: Wir haben die Halle Anfang April übernommen. Wenige Tage später fanden erste kleinere Events statt – teils als Probeläufe. Drei Wochen später folgte das grosse Pre-Opening mit 400 bis 500 Gästen, dann der BEA-Auftakt mit Politik und Wirtschaft und zehn Tage BEA im Vollbetrieb. Es war intensiv, vieles musste sich im Livebetrieb noch einspielen – insgesamt hat es aber gut funktioniert.
Wie wurde das Personal aufgestockt?
Thomas Herger: Früher arbeiteten wir mit Küchenchef und Souschef. Heute ist die Struktur differenzierter: Unter mir gibt es jetzt eine Betriebs- sowie eine Messe- und Kongressleitung. In der Küche arbeiten zwei Teams, eines für die bestehenden Messehallen und das Restaurant&Bar Allmend und eines für die Festhalle, geführt von einem Executive Küchenchef. Pro Team gibt es zudem je einen Küchenleiter, Souschef und Chef de Partie. Nur die Patisserie ist zentral in der Festhalle angesiedelt.
Sandro Colombo: Bei mir als Leiter Gastronomie und Inszenierung bei Bernexpo blieb die Struktur gleich, aber das Hospitality-Team wurde deutlich verstärkt – vor allem im Kongress- und Eventbereich. Statt 300 betreuen wir heute über 400 Anlässe pro Jahr, mit 300 bis über 2000 Gästen. Auch der Kulturbereich ist stark gewachsen: Konzerte, Shows, neue Formate. Erste Buchungen reichen bis 2029 und täglich kommen neue Anfragen.
Wie lässt sich das erweiterte Raumangebot konkret nutzen?
Thomas Herger: Der Stage fasst bis zu 9000 Personen und eignet sich für Konzerte und Grossanlässe wie GVs oder Sportveranstaltungen. Gegenüber liegt der Cube, der für Kongresse oder Konfex-Formate – also Messe plus Kongress – gedacht ist. Zusätzlich gibt es VIP-Zonen
für kleinere Gruppen. Bei Grossanlässen, wie dem Hospitality Summit 2026, wird mit Awards, Ausstellung und Netzwerkzonen das ganze Areal bespielt. Und natürlich sind immer auch mehrere Events parallel möglich.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen euch beiden bzw. zwischen der Bernexpo und der Sportgastro AG?
Sandro Colombo: Wir auf der Bernexpo Seite sind im direkten Kundenkontakt und für den aktiven Verkauf unserer vielfältigen Angebote zuständig. Thomas und sein Team sorgen für die massgeschneiderte kulinarische Umsetzung. Natürlich sind wir im ständigen Austausch, etwa bei temporären Restaurants an Messen: Wer ist das Zielpublikum? Was bieten wir an? Wir entwickeln das ganze Angebot laufend weiter und haben strategisch eine Roadmap definiert, an der wir gemeinsam arbeiten.
Was sind da konkrete Ziele?
Sandro Colombo: Ein grosses Ziel ist die Digitalisierung – etwa mit einer Web-App für Lieferungen an Messestände oder einheitlichen Kassensystemen für alle Anbieter. Auch Nachhaltigkeit ist zentral: Food Waste, Mehrweggeschirr, Rückführsysteme. Aber: Was bei einem Festival wie dem Gurten klappt, wird bei einer BEA mit bis zu 330’000 Besuchenden zur logistischen Knacknuss. Deshalb setzen wir auf schrittweise Konsolidierung statt auf grosse Sprünge.
Gibt es ein kulinarisches Gesamtkonzept für die verschiedenen Anlässe?
Thomas Herger: Ein fixes Gesamtkonzept gibt es nicht, dazu sind die Anforderungen zu unterschiedlich. Wir arbeiten mit Grundstrukturen wie einer Bankett-Map, die vom Apéro bis zum Galadinner alles abdeckt. Rund 95 Prozent der Anfragen sind aber individuell: Der Kunde kommt mit einem Bedürfnis und wir stimmen das Angebot auf Zielgruppe, Anlass und Budget ab.
Und bei Messen?
Sandro Colombo: Das hängt stark vom Event und der Zielgruppe ab. An der Agrama beispielsweise sind deftige Klassiker gefragt, bei der Ornaris eher feine, stilvolle Menüs. Und bei der BAM zählt schnelles, günstiges To-go-Food für Jugendliche. Wir denken also nicht in Standardlösungen, sondern in Zielgruppen: mal vegan, mal klassisch, mal bodenständig.
Gibt es Leitlinien beim Einkauf?
Thomas Herger: Regional, saisonal, nachhaltig – das ist unsere Basis. Unsere Lieferanten kommen fast alle aus der Region, viele arbeiten schon lange mit uns. Beim Fleisch setzen wir auf Nose-to-Tail: Pro Woche werden zwei Rinder für uns geschlachtet, wir verwerten alles – vom Filet fürs Galadinner bis zur Schulter im Messeburger. Dafür haben wir einen eigenen Metzger, sechs Reifeschränke und einen Fleischkühler. Rund 90 Prozent unseres Rindfleischs stammen aus dieser Quelle. Wir leben das, erzählen es aber noch zu selten.
Welche Rolle spielt eigentlich das Café des Artistes im Foyer der Festhalle?
Thomas Herger: Das Café ist öffentlicher Treffpunkt und Eventlocation zugleich. Bei grossen Veranstaltungen müssen wir es für spontane Gäste schliessen, was im Moment kommunikativ noch schwierig umzusetzen ist. Ein Satellitenstand draussen hilft, das abzufedern, denn wir wollen den Platz auch ausserhalb des Messebetriebs beleben, mit kleinen Konzerten, Yoga, Brunch oder Apéros fürs Quartier. Das wächst Schritt für Schritt.
Und wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Hotels und Restaurants in Bern?
Sandro Colombo: Sehr gut – gemeinsam mit Bern Welcome und dem Kursaal Bern haben wir die Interessengemeinschaft Congress Hub Bern gebildet, um die Stadt als Kongressstandort zu stärken. Denn eine gute Messe-Infrastruktur allein reicht nicht. Die Zusammenarbeit mit Partnern wie dem Kursaal, Hotels und Restaurants ist wichtig und läuft gut. Alle verfolgen dasselbe Ziel: Bern als starke Alternative zu Zürich, Luzern oder Genf zu positionieren – national und international.
Was steht als Nächstes auf dem Programm?
Thomas Herger: Im September starten die Swiss Skills, die Schweizer Berufsmeisterschaften. Danach folgen Messen wie die Transport oder die Suisse Caravan. Parallel beginnt unser Kulturprogramm mit Shows und Konzerten unter anderem von Marilyn Manson, Felix Lobrecht, Dropkick Murphys oder Cavalluna. Bis Weihnachten erwarten wir acht bis zehn Veranstaltungen.
Sandro Colombo: Dank modernster Technik, modularer Bühne, fahrbaren Tribünen und direkter Zufahrt für 40-Tönner lassen sich jetzt auch Grossanlässe in kürzester Zeit umbauen und erstmals in eng getakteten Abfolgen realisieren. Die Neue Festhalle ist dafür bestens gerüstet.
Sand oder Gold?
Ein Insider, der immer wieder für Gesprächsstoff sorgt: Ist die Neue Festhalle nun sand- oder goldfarben? Bern spricht vom typischen Sandstein, als Hommage an die Stadt und ihre Laubengänge – einfach im XXL-Format. Andere hingegen sind überzeugt: «Das ist doch Gold!» Wie auch immer – glänzen tut die Halle auf jeden Fall.
Facts & Figures zur Neuen Festhalle
Cube (Kongresssaal)
Fläche (EG): 1320 m², säulenfrei, teilbar in
2 × 655 m².
Kapazität:
- Bankett: bis 500 Personen.
- Konzertbestuhlung: bis 1200 Personen.
Ausstattung: Bühne höhenverstellbar, 26 m breite Leinwand (ebenfalls teilbar), modernste Technik.
Breakout-/Seminarräume (OG/Dachgeschoss):
- flexibel nutzbar für 20 bis 800 Personen.
- geeignet für Parallelsessions, Präsentationen, Workshops.
Nutzungsmöglichkeiten: Kongresse, Tagungen, Kulturveranstaltungen, Konzerte, Theater.
Stage (Multifunktionshalle)
Fläche EG: 4300 m² (≈ 2 Eishockeyfelder), säulenfrei, schwerlastgeprüft.
Kapazität:
- bis 9000 Personen (stehend).
- bis 3900 Personen bei Sportanlässen
(mit mobiler Tribüne).
Zugang: über Foyer & Seiteneingänge.
Ausstattung: Mobile Tribünen, volle Eventtechnik-Anbindung.
VIP-Lounge (2. OG): 300 m² mit Hallenblick, Terrasse, Galeriezugang & Cateringoption.
Nutzungsmöglichkeiten: Konzerte, Sportevents, Generalversammlungen, Business- und Kulturevents.
Foyer (zwischen Cube und Stage)
Fläche: 1900 m²
Raumhöhe: 6,5 m
Lage: Im EG als Bindeglied zwischen Cube & Festhalle.
Sportgastro AG ist Gastronomiepartnerin der Bernexpo
Die Sportgastro AG ist eine Schwesterfirma der SCB-Eishockey AG mit Hauptsitz in der PostFinance-Arena. Seit 2021 ist sie exklusive Gastronomiepartnerin der Bernexpo, die auf rund 100‘000 m² eines der grössten Messe- und Eventareale der Schweiz betreibt. Seit der Eröffnung der Festhalle vereint die Sportgastro jetzt all ihre gastronomischen Leistungen unter dem bereits bestehenden Brand 24/7 Catering & Events. Zur Sportgastro gehören auch Restaurants wie The Beef Steakhouse, Uma Tower oder das Restaurant Golfpark Moossee. Sie beschäftigt rund 140 Festangestellte und 900 Teilzeitkräfte. Die Bernexpo Groupe zählt 120 Mitarbeitende.