
Campus Sursee – Wo Talent auf Vertrauen trifft
Karina Fruman, Produktionsleiterin am Campus Sursee, vertritt die Schweiz am Bocuse d’Or Europe – mit glutenfreier Küche, Disziplin und Ausdauer. Thomas Hegnauer, Geschäftsführer Hotellerie, schafft dafür den nötigen Raum und unterstützt damit eine Köchin mit höchsten Ansprüchen. Ein Gespräch über Leidenschaft, Vertrauen und den Weg an die Spitze.
Karina Fruman ist die erste Frau, die die Schweiz am Bocuse d’Or Europe vertreten wird. Eine Tatsache, die sie selbst erst nach dem Schweizer Finale richtig realisierte und die sie mit grosser Dankbarkeit trägt. Doch hinter dieser Ehre steht kein Zufall, sondern ein langer Weg: mit Training, Disziplin und dem Willen, sich selbst immer wieder zu übertreffen. Fruman weiss, dass Geschmack subjektiv ist und dass es am Tag X nicht nur auf Technik, sondern auch auf Timing und das berühmte Quäntchen Glück ankommt.
Als Produktionsleiterin am Campus Sursee bildet sie junge Talente aus und will ihnen vor allem eines mitgeben: Leidenschaft. Ein gut gefüllter Rucksack aus Wissen und Können, den sie nach der Ausbildung weitertragen können. Besonders ist auch ihre Entscheidung, gluten- und sojafrei zu kochen. Nicht aus Zwang, sondern aus Überzeugung. Ihre eigene Allergie war lange ein Hindernis – heute ist sie Teil ihrer Mission. Fruman zeigt, dass Einschränkungen nicht limitieren müssen, sondern neue Wege eröffnen. In Bezug auf den Wettbewerb sei gluten- und sojafrei gerade bei Teigen und Texturen aber eine Herausforderung – doch diese nimmt sie an, mit Ehrgeiz und Neugier.
Im Hintergrund steht ein Betrieb, der nicht nur Räume vermietet, sondern Raum schafft. Thomas Hegnauer, Geschäftsführer Hotellerie am Campus Sursee, sagt, sie hätten schon früh in Fruman eine junge Frau erkannt, die etwas bewegen will. Am Campus Sursee sei es selbstverständlich, Talenten den Raum zu geben, den sie für ihre Entwicklung benötigen, wie im Spitzensport. Wer zeigt, dass er alles gibt, bekommt auch alles zurück. Das ist keine Floskel, sondern gelebte Führungsphilosophie. Der Campus Sursee ist mit 550 Zimmern und über 120’000 Logiernächten ein Grossbetrieb und kein Ort der Routine. Junge Menschen können hier schnell Verantwortung übernehmen, Ideen einbringen und sich entwickeln. Hegnauer sieht darin eine Antwort auf den Fachkräftemangel: Nicht jammern, sondern handeln. Nicht einschränken, sondern ermöglichen.
Zwischen Garnitur und Grenzerfahrung
Interview mit Karina Fruman, Schweizer Kandidatin am Bocuse d‘Or Europe.
Karina Fruman geht ihren Weg mit Präzision, Leidenschaft und Haltung. Im Interview spricht sie über Training, Timing und die kreative Kraft hinter dem Wettbewerb. Und sie erzählt, wie sie sich auf das Halbfinale vorbereitet – und warum ihre Glutenallergie heute kein Hindernis, sondern ein Statement ist.
Romeo Brodmann: Frau Fruman, Sie sind die erste Frau, die die Schweiz am Bocuse d’Or vertritt. Was bedeutet das für Sie persönlich?
Karina Fruman: Es ist eine grosse Ehre und alles andere als selbstverständlich. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe. Erst nach dem Schweizer Finale wurde mir richtig bewusst, wie besonders diese Situation ist.
Romeo Brodmann: Sie sprechen von Ehre und Chance. Dabei haben Sie sich das ja selbst erarbeitet.
Karina Fruman: Natürlich, da steckt viel Training und Vorbereitung dahinter. Aber ich glaube, es braucht immer ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Eigenleistung ist zentral, aber am Tag X muss auch das Quäntchen Glück vorhanden sein. Geschmack ist subjektiv, und wenn es bei der Jury passt, ist das nie nur Zufall.
Romeo Brodmann: Sie bilden auch Lernende aus. Was möchten Sie den jungen Talenten mitgeben?
Karina Fruman: Vor allem die Leidenschaft fürs Kochen. Ich liebe diesen Beruf, und mein Ziel ist, dass die Lernenden nach drei Jahren Ausbildung mit einem gut gefüllten Rucksack weiterziehen – mit Wissen, Können und Begeisterung.
Romeo Brodmann: Sie trainieren aktuell für das Halbfinale des Bocuse d’Or. Wie sieht das konkret aus?
Karina Fruman: Die erste Aufgabe wurde Anfang November bekanntgegeben. Seither sind wir mit voller Energie am Tüfteln – wir entwickeln bestehende Komponenten weiter, kreieren Neues und feilen an jedem Detail. Ende Dezember folgt die zweite Aufgabe, doch bis dahin gilt unsere volle Konzentration der ersten Etappe, bevor wir uns auf die nächste Aufgabe fokussieren.
Romeo Brodmann: Wie sah Ihr Training fürs Schweizer Finale aus?
Karina Fruman: Jeden Sonntag war Bocuse d’Or-Tag. Jede Trainingseinheit brachte neue Erkenntnisse, die wir direkt weiterentwickelt haben. Fünf Monate vor dem Wettbewerb kamen 1:1-Testläufe dazu, jeweils in einer anderen Küche, um flexibel zu bleiben und nicht in Routinen zu verfallen.
Romeo Brodmann: Wer gehört in beziehungsweise für Marseille zu Ihrem Team?
Karina Fruman: Das Team ist sehr gross und grossartig. Ich habe jemanden, der sich nur um das Design kümmert, inklusive 3D-Druck und Silikonformen. Mein Jungkoch begleitet mich zum Wettbewerb, zwei weitere Jungköche unterstützen uns. Eine Köchin hilft als Assistentin. Mein Partner übernimmt das Marketing. Dazu kommen ein Mentaltrainer, ein Coach und ein Teammanager. Jeder hat seine Rolle und alle ziehen am selben Strang.
Ich liebe diesen Beruf, und mein Ziel ist, dass die Lernenden nach drei Jahren Ausbildung mit einem gut gefüllten Rucksack weiterziehen – mit Wissen, Können und Begeisterung.
Romeo Brodmann: Welche Herausforderungen erwarten Sie in Marseille?
Karina Fruman: Es gibt mehrere. Eine ist die geschmackliche Qualität: Ich koche freiwillig gluten- und sojafrei, und gerade bei Teigen ist das eine echte Challenge. Ich will ein Produkt, das mindestens gleichwertig ist – wenn nicht besser. Dann kommt das Timing: Wie weit kann man technisch und handwerklich ans Limit gehen, ohne die Ordnung zu verlieren? Wie viel ist möglich in der vorgegebenen Zeit? Die Balance zwischen Anspruch und Machbarkeit ist entscheidend.
Romeo Brodmann: Was treibt Sie an?
Karina Fruman: Die Leidenschaft für den Beruf und für den Wettbewerb. Ich liebe die Herausforderung, das Maximum herauszuholen und etwas zu bewegen.
Romeo Brodmann: Und die Kreativität? Wie gehen Sie damit um?
Karina Fruman: Ich bin ein sehr kreativer Mensch, habe ständig Ideen, oft aber zu wenig Zeit, sie auszuprobieren. Solange die Aufgaben noch nicht bekannt waren, nutzte ich die Zeit, um möglichst viele Ansätze zu testen. Sobald die Themen vollständig bekannt sind, machen wir einen Brainstorming-Tag mit ehemaligen Schweizer Bocuse d’Or-Kandidaten. Ihr Input ist wertvoll, aber die Entscheidung liegt am Ende bei mir. Der Weg entsteht nun Schritt für Schritt.
Romeo Brodmann: Ihr Arbeitgeber, der Campus Sursee, unterstützt Sie nicht nur bei der Teilnahme, sondern gibt Ihnen auch Zeit und Raum fürs Training. Was bedeutet das für Sie?
Karina Fruman: Ich bin unglaublich dankbar. Das ist nicht selbstverständlich. Der Betrieb erkennt mein Engagement und das motiviert mich zusätzlich.
Romeo Brodmann: Was treibt Sie ganz persönlich an?
Karina Fruman: Es sind viele Dinge. Die Leidenschaft für den Beruf, die Freude an Wettbewerben, die Möglichkeit, junge Köchinnen und Köche zu inspirieren. Und auch meine Allergie spielt eine Rolle. Sie hat mich lange eingeschränkt, aber heute sehe ich sie als Teil meiner Mission.
Romeo Brodmann: In der Presse war Ihre Glutenallergie zuletzt stark im Fokus. Was hat das mit Ihnen gemacht?
Karina Fruman: Lange war die Allergie für mich negativ behaftet. Ich konnte vieles nicht probieren, das war nicht gerade erbaulich. Heute sehe ich das anders. Das Thema wird in der Gastronomie noch viel relevanter werden. Wir Köche und Köchinnen müssen uns in Bezug auf Allergien noch mehr sensibilisieren und uns damit befassen. Meine Glutenallergie empfinde ich heute nicht als Einschränkung, sondern als Herausforderung. So finde ich es durchaus auch aktuell und passend, wenn meine Glutenallergie zum Thema wird.
Romeo Brodmann: Wie würden Sie sich als Köchin beschreiben?
Karina Fruman: Kreativ, perfektionistisch und aufs Wesentliche reduziert. Der Geschmack steht im Zentrum – ohne viel Schnickschnack.
Die Carte Blanche der Talentförderung
Interview mit Thomas Hegnauer, Geschäftsführer Hotellerie Campus Sursee.
Mit 550 Zimmern, 850 Betten und 123 000 Logiernächten ist der Campus Sursee ein Grossbetrieb. Doch hinter den Zahlen steht eine Führungsstrategie, die junge Köchinnen und Köche nicht nur beschäftigt, sondern ihnen Entwicklung ermöglicht. Der Geschäftsführer der Hotellerie des Campus Sursee, Thomas Hegnauer, erklärt, warum er Karina Fruman volle Freiheit gibt und was das mit Führungsstil, Fachkräftemangel und Stolz zu tun hat.
Romeo Brodmann: Herr Hegnauer, ich weiss nicht, wie lange es her ist. Aber was hat Sie damals überzeugt, Karina Fruman ins Team zu holen?
Thomas Hegnauer: Eine junge Person, die etwas erreichen will, darf man nicht verpassen. Es gibt doch nichts Schöneres in diesem Beruf, als begeisterungsfähige Menschen zu finden, die ihre Haltung und Freude auch nach aussen tragen. Karina hat uns mit ihrer Motivation sofort überzeugt.
Romeo Brodmann: Jetzt haben Sie also eine Bocuse d’Or-Halbfinalistin im Haus. Ist der Campus Sursee, bekannt als Ausbildungsstätte der Baubranche, auch ein Innovationsort für die Gastronomie?
Thomas Hegnauer: Das wäre schön, aber nein, das sind wir nicht. Wir sind innovativ, ja, wir versuchen vieles in Bewegung zu setzen. Aber ein Ort der gastronomischen Innovation sind wir nicht. Der Campus Sursee ist ein Ausbildungszentrum des schweizerischen Baumeisterverbandes. Die Hotellerie ist der Dienstleister für Verpflegung, Übernachtung, Reinigung und die Bereitstellung von Seminarräumen etc.
Karina hat sehr schnell gezeigt, dass sie eine engagierte junge Frau ist, die etwas bewegen will – und es auch tut. Warum sollten wir so jemanden nicht unterstützen?
Romeo Brodmann: Das klingt nüchtern, dabei ist das hier ein richtig grosser Betrieb.
Thomas Hegnauer: Wir haben 550 Zimmer, 850 Betten und rund 123 000 Logiernächte pro Jahr. Wahrscheinlich gehören wir zu den grössten Hotels der Schweiz. Deshalb bezeichne ich mich als Geschäftsführer Hotellerie auch gerne scherzhaft als Hüttenwart.
Romeo Brodmann: Sie räumen Frau Fruman viel Raum und Zeit ein für ihre Vorbereitung auf den Bocuse d’Or Europe. Das ist ein erheblicher Aufwand und keineswegs selbstverständlich. Warum tragen Sie das mit?
Thomas Hegnauer: Es ist wie im Spitzensport: Talente brauchen Freiraum. Wir wollen zeigen, dass es tolle Betriebe und tolle Berufe in der Gastronomie gibt. Nicht nur jammern, dass keine jungen Menschen für unsere Branche begeistert werden. Wenn wir Karina diesen Freiraum nicht gegeben hätten, wäre sie nicht so weit gekommen. Wir sind täglich mit dem Fachkräftemangel konfrontiert. Aber man darf sich nicht nur beklagen, dass man keine Leute findet. Man muss auch etwas tun. Von uns Führungspersonen kann unser Team alles haben, wenn sie zeigen, dass sie auch alles geben. Karina hat sehr schnell gezeigt, dass sie eine engagierte junge Frau ist, die etwas bewegen will – und es auch tut. Warum sollten wir so jemanden nicht unterstützen? Diese Freude am Beruf, die sie ausstrahlt – etwas Besseres kann uns gar nicht passieren. Und ja, es macht uns als Betrieb einfach stolz, dass unsere Produktionsleiterin am wohl wichtigsten Kochwettbewerb Europas teilnimmt.
Romeo Brodmann: Wie viel Freiraum geben Sie Karina konkret?
Thomas Hegnauer: Ziemlich viel. Sie hat quasi eine Carte Blanche erhalten, das entspricht unserer Führungsphilosophie. Bei uns können junge Menschen sehr schnell Verantwortung übernehmen. Wer will, bekommt viel Freiraum. Wer motiviert ist, hat bei uns unheimlich viele Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Und wir sind nicht der Typ Betrieb, der sofort zurückrudert. Du kannst nicht sagen: «Mach mal!» und dann gleich wieder einschränken. Unser System ist einfach, aber ausgesprochen effektiv und fruchtbar.
Romeo Brodmann: Was bedeutet es für Sie und das Haus, dass Karina am Bocuse d’Or teilnimmt?
Thomas Hegnauer: Es macht uns stolz. Wir wollen zeigen, dass das ein grossartiger Beruf ist, den ich übrigens selbst auch erlernt habe und der für mich noch immer der schönste ist. Leider wird zu oft nur über das Negative geredet. Hier zeigen wir, dass sich junge Menschen für einen Beruf und einen Wettbewerb begeistern können – vergleichbar mit dem Spitzensport.
Romeo Brodmann: Welche Wünsche geben Sie Karina mit auf den Weg?
Thomas Hegnauer: Nur das Beste, natürlich. Im Ernst, ich wünsche ihr, dass sie so bleibt, wie sie ist – motiviert, motivierend, positiv, vorausschauend. Egal was passiert, diese Haltung soll bleiben. Und ich wünsche mir für sie, dass sie im Wettbewerb die starke Frau sein wird, die sie jetzt schon ist. Es ist wahnsinnig inspirierend, wie sich eine so junge Person auf ein solches Abenteuer einlässt.
Campus Sursee im Kurzporträt
Der Campus Sursee gilt als grösster Bildungs- und Seminarstandort der Schweiz. Auf über 66 000 Quadratmetern vereint er Aus- und Weiterbildung, Sport, Events und Gastronomie unter einem Dach. Mit jährlich über 100 000 Gästen reagiert die Stiftung Campus Sursee als Trägerin auf die steigende Nachfrage und investiert gezielt in Aufenthaltsqualität. Jüngstes Beispiel: das Selbstwahlrestaurant Mercato, das 2025 nach viermonatigem Umbau neu eröffnet wurde. Der modernisierte Free-Flow-Bereich, neue Sitzlandschaften und ein kulinarisches Angebot, das auf unterschiedliche Gästestrukturen abgestimmt ist, stehen für eine klare Vision: Gastlichkeit und praxisnahe Bildung sollen sich nicht nur ergänzen, sondern gegenseitig beflügeln.