Das meint Torsten Götz – der perfekte Service!

03.07.2025
Gourmet 7/8/25
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Warum die kleinen Details den Unterschied machen: Eine Hommage an die Servicekunst und die Bedeutung von Gastfreundschaft in der Schweizer Gastronomie.

Der perfekte Service?! Wie oft essen wir auswärts und finden im Nachhinein, der Service war, ich sag es mal so, eher lala … Klar, wenn ich mich einfach nur verpflegen möchte, ist das nicht ganz so tragisch, oder es wird gesellschaftlich akzeptiert. Aber warum machen die kleinen Details den Unterschied? Darum wird es Zeit für eine kleine Hommage an die Servicekunst und Gastfreundschaft in der Schweizer Gastronomie.

Es geht dieses Mal nicht um die Perfektion im Sinne von Flambieren, Tranchieren am Tisch oder vom Live-Zerlegen ganzer Fische – nein, es geht um die perfekte Gastfreundschaft. Sie beginnt immer mit einem Lächeln und endet auch damit. Nicht zu viel, nicht zu wenig – gerade so, dass man sich willkommen fühlt, ohne dass einem gleich das Du angeboten wird. Der perfekte Service ist wie ein gutes Fondue: Es kommt auf die richtige Mischung an. Und darauf, dass keiner den Käse anbrennen lässt.

In der Schweizer Gastronomie spielt der Service seit jeher eine tragende Rolle. Während man anderswo gerne mal dem Prinzip «selbst ist der Gast» folgt, zelebriert man hierzulande den feinen Unterschied: echte Gastfreundschaft. Und zwar nicht als verstaubtes Relikt, sondern als lebendige Kultur – von Basel bis Brig, von St. Gallen bis Genf. Jeweils mit regionalem Charme.

Doch leider wird die Wichtigkeit des professionellen und herzlichen Services vielerorts immer noch unterschätzt – ja, regelrecht missverstanden.

Oft sieht man ihn lediglich als verlängerten Arm der Küche: Essen bringen, Teller abräumen, fertig. Und das mit einem Gesichtsausdruck, als hätte man gerade den Steuerbescheid geöffnet. Mürrisch, schnippisch oder schlicht unaufmerksam – das ist leider kein seltener Eindruck, den Gäste mitnehmen. Dabei ist ein gutes Essen nichts ohne einen ebenso stimmigen Service. Selbst das beste Filet verliert an Glanz, wenn es mit Gleichgültigkeit serviert wird.

Ein guter Service schafft Vertrauen – das Gefühl, dass jemand mitdenkt. Die Serviette wird unaufdringlich ausgetauscht, wenn sie zu Boden gleitet. Das Glas bleibt nicht leer. Auf eine Allergie wird nicht nur freundlich, sondern fachkundig reagiert. Es sind diese kleinen, beinahe unsichtbaren Gesten, die ein Mittag- oder Abendessen in ein Erlebnis verwandeln. Man erinnert sich nicht nur an das zart gegarte Entrecôte, sondern auch an die Person im Service, die kompetent und intuitiv wusste, ob der Gast noch einen zweiten Espresso möchte oder lieber gleich zum Absacker wechselt.Natürlich ist Service auch Handwerk. Und wie jedes gute Handwerk braucht es Talent, Training und vor allem Leidenschaft. Es geht um Timing, Empathie, ein waches Auge und ein gutes Gedächtnis. Um das richtige Mass an Nähe und Distanz, um den Ton, der zur Stimmung passt. Man will ja nicht, dass einem der Kellner bei jedem Gang eine kleine Lebensgeschichte serviert – aber ein trockener Spruch zur richtigen Zeit kann Wunder wirken. Oder wie man in Zürich sagt: «En guete Witz isch wie es guets Glas Wy – de chasch meh drvo.»

Was viele Gäste nicht sehen: Ein perfekter Service ist oft das Resultat harter Arbeit und minutiöser Vorbereitung. Da wird gebüffelt, welche Weine zur Speisekarte passen. Da wird an der Körpersprache gefeilt, an der Aussprache des Tagesdesserts (wer schon mal über den Begriff «Tarte Tatin» gestolpert ist, weiss, wovon ich spreche) und an der Kunst, im richtigen Moment präsent und im nächsten fast unsichtbar zu sein.

Und dann sind da noch die grossen Meisterinnen und Meister im Service, die es schaffen, einem das Gefühl zu geben, man sei der wichtigste Mensch im Raum – auch wenn dieser voll ist. Die mit einem Augenzwinkern eine Panne retten. Die sich an Stammgäste erinnern, nicht nur mit Namen, sondern mit Lieblingswein und Allergien. Die wissen, wann man einen Moment Ruhe braucht und wann ein kurzer Schwatz gut tut. In einer Zeit, in der alles schneller, digitaler, effizienter wird, ist der persönliche Service beinahe ein rebellischer Akt.

Nicht selten höre ich den Satz: «Servicekräfte findet man heute kaum noch.» Vielleicht liegt es auch daran, dass man zu selten zeigt, wie wertvoll diese Arbeit ist. In der Küche gibt’s Applaus und Auszeichnungen – im Service zu oft nur Beschwerden, wenn etwas fehlt. Dabei ist der Service das Rückgrat eines jeden Restaurants. Die unsichtbare Bühne, auf welcher sich der ganze Abend abspielt. Ohne sie bleibt auch das beste Menü... eben nur ein Menü.

Deshalb ist es höchste Zeit, den Service in der Schweizer Gastronomie zu feiern – mit Charme, mit Würde, und ja: mit Trinkgeld. Denn wer mit einem Lächeln begrüsst, mit Kompetenz begleitet und mit Stil verabschiedet wird, kommt nicht nur wieder – er empfiehlt uns auch weiter. Und das ist in Zeiten von Google-Rezensionen mehr wert als jede Werbeanzeige.

In diesem Sinne: ein Hoch auf die kleinen Details. Auf das Wasser, das ungefragt nachgeschenkt wird. Auf die Speisekarte, die mit einem dezenten Hinweis auf das Lieblingsgericht gereicht wird. Auf den perfekten Service – leise, charmant, professionell. Denn guter Service ist keine Nebensache. Er ist die halbe Miete. Und manchmal – das ganze Erlebnis.


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