Kolumne – warum jetzt der beste Moment ist, mit KI zu starten

03.07.2025
Gourmet 7/8/25
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Fachkräftemangel, steigende Kosten, Gäste mit 24/7-Servicewunsch – das Gastgewerbe steht unter Druck. Doch genau jetzt eröffnet sich eine grosse Chance: Die Entwicklung im Bereich künstliche Intelligenz (KI) schreitet rasant voran. Wer früh dabei ist, versteht schneller, profitiert eher und hat es beim Einstieg leichter. Klar: In manchen Branchen wie Banken, Kommunikation oder öffentlicher Verwaltung ist der KI-Druck noch höher. Aber gerade für Gastrobetriebe lohnt sich der Blick nach vorn – nicht trotz, sondern wegen des Alltagsstresses. Wer KI jetzt gezielt einsetzt, gewinnt Zeit für das, worauf es wirklich ankommt.

Gute Auslastung, angespannte Personallage. So siehts aktuell in vielen Schweizer Hotels und Restaurants aus. Bis 2030 fehlen der Branche tausende Fachkräfte – sagen die Verbände. Gleichzeitig schiessen Strom-, Miet- und Einkaufspreise in die Höhe. Für viele Betriebe heisst das: Irgendwo muss man Zeit oder Geld sparen – aber bitte nicht beim Gast. Und hier kommt ein neues Werkzeug ins Spiel: künstliche Intelligenz (kurz: KI).

Aus Technikspielerei wird ein Arbeitshelfer

Programme wie ChatGPT oder Gemini können heute Texte schreiben, Übersetzungen liefern, Bilder entwerfen oder Menüvorschläge machen. Und das in Sekunden. Was gestern noch nach Spielerei klang, wird jetzt ernst genommen – auch im Schweizer Alltag.

Laut einer aktuellen Umfrage setzen bereits 25 Prozent der Berufstätigen im Land solche Programme täglich im Job ein. Weitere 60 Prozent mindestens einmal pro Woche. Kurz: Die Werkzeuge sind da. Die Frage ist nur – nutzen wir sie auch?

Gerade kleine Betriebe sind im Vorteil

Warum? Weil sie beweglicher sind. Was in einer grösseren Organisation zuerst mit der IT oder dem Marketing abgesprochen werden muss, lässt sich im Einzel- oder Familienbetrieb oft sofort ausprobieren. Wer eine Idee hat, kann sie heute testen – ohne auf Freigaben zu warten. Das Tempo ist höher, die Wege kürzer. Und genau das ist in einer Zeit mit vielen offenen Fragen ein echter Vorteil.

Statt einen perfekt durchgeplanten Digitalisierungsprozess zu entwerfen, reicht oft ein kleiner Versuch: ein automatischer Antwortdienst auf der Webseite, eine Menü-Übersetzung mit Hilfe eines KI-Programms, ein Einsatzplanentwurf mit Hilfe eines digitalen Assistenten. Wichtig bleibt: KI ersetzt keine Gastfreundschaft. Sie hilft dir nur, mehr davon zu zeigen.

Los gehts – ohne grossen Aufwand

Du musst kein Technikprofi sein, um loszulegen. Oft reicht es, genau hinzuschauen: Wo verlierst du heute am meisten Zeit oder Nerven? Vielleicht sinds die ewigen Rückrufe nach verpassten Anrufen. Oder das Jonglieren mit dem Einsatzplan der Aushilfen. Oder das mühsame Zusammensuchen von Infos für neue Mitarbeitende.

Such dir eines dieser Probleme aus – und überlege: Was wäre, wenn mir hier jemand digital helfen könnte? Dann probierst du es aus. Zum Beispiel, indem du mit ChatGPT einen Begrüssungstext für deine Website schreibst – oder eine Menübeschreibung in drei Sprachen. Du wirst staunen, wie schnell das geht.

Hilfreich ist auch, wenn du ein paar Basisdaten sammelst: häufige Fragen deiner Gäste, Öffnungszeiten, Menütexte oder Infos zur Zimmerausstattung. Einfach in einer Word-Datei oder Excel-Tabelle. Das wird später zur Futterquelle für deine KI-Helfer. Und dann: Sprich mit deinem Team. Wo drückt bei ihnen der Schuh? Was könnten sie sich vorstellen? Was macht ihnen Sorgen? Nur wenn alle mitziehen, klappts auch im Alltag.

Setz dir kleine Ziele. Zum Beispiel: «Wenn ich das Schreiben von Menübeschreibungen oder Tageskarten nicht mehr selbst mache, sondern mir einen ersten Entwurf von ChatGPT hole, spare ich mir 20 Minuten pro Tag.» Kein Druck, kein Perfektionismus. Einfach anfangen und probieren.

Versuchs mal: Teste ChatGPT in 15 Minuten

Du brauchst kein IT-Wissen und kein Abo. Nur einen Internetanschluss.

  1. Öffne chat.openai.com und melde dich kostenlos an (nur E-Mail nötig).
  2. Gib diesen Text ins Feld ein: «Schreibe eine freundliche Menübeschreibung für meine Hausspezialiät: Rösti mit Alpkäse und Apfelmus, auf Deutsch und Französisch.»
  3. Lies die Antwort laut vor. Stell dir vor, wie dieser Text auf deiner Speisekarte oder Webseite klingt.
  4. Geh einen Schritt weiter:  Frag nach einer Variante mit Speck und Spiegelei Bitte um eine Kurzbeschreibung für Instagram Teste den Satz: «Mach den Tonfall etwas lockerer und persönlicher.»

So merkst du schnell, wie vielseitig dieses Werkzeug ist – und wie es deinen Alltag erleichtern kann.

Fazit: Menschlich bleiben, digital denken

Künstliche Intelligenz ist kein Wundermittel. Sie ersetzt keine Gastfreundschaft, keine Intuition, keinen persönlichen Kontakt. Aber sie kann Routineaufgaben abnehmen, Texte vereinfachen, Vorschläge machen – und dir wertvolle Minuten zurückgeben. Gerade dort, wo du heute zu viel Zeit verlierst, liegt das grösste Potenzial.

Und das Beste: Der Einstieg ist leicht. Es braucht keinen Masterplan, kein Budget in fünfstelliger Höhe. Es reicht, neugierig zu sein – und eine Viertelstunde Zeit für den ersten Versuch. Wer heute anfängt, wird morgen nicht abgehängt. Und wer KI nicht als Bedrohung, sondern als Werkzeug versteht, wird mit ihr wachsen. Schritt für Schritt. In deinem Tempo. Im Stil deines Betriebs.


Über den Autor

Alexander Fürer ist Unternehmer, KI-Strategieberater und Dozent mit über 20 Jahren Erfahrung an der Schnittstelle von Technologie, Kreativität und Wirtschaft. Er fokussiert sich auf den strategischen Einsatz von künstlicher Intelligenz in Bildung, Marketing und Unternehmensentwicklung. Als Mitgründer von ki-kurse.ai fördert er die KI-Bildung in der Schweiz und vermittelt praxisnahes Know-how an Fach- und Führungskräfte. Er ist Gastdozent an der Ost Fachhochschule St. Gallen und zertifizierter Trainer des Branchenverbands KImpact. Als CEO der TKF AG und des Kreativstudios aipix.ch begleitet er Unternehmen bei der Einführung von KI-Prozessen und entwickelt innovative KI-Workflows für Kommunikation und Content Creation.


KI verstehen: einfach machen!

Diese Kolumne ist der Start einer Reihe zu einem Thema, das vielen Kopfzerbrechen macht – und dabei ganz praktische Hebel bietet: künstliche Intelligenz im Schweizer Gastgewerbe. Wir schauen darin nicht auf Tech-Trends aus Silicon Valley, sondern auf praktische Anwendungen und Tipps für den Alltag im Gastgewerbe: Wo kann KI konkret helfen? Welche Tools lohnen sich? Und wie testet man das alles mit minimalem Aufwand?


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