
Torsten Götz – Wie begeistern wir junge Talente für die Branche?
«Warum soll ich Koch werden? Da kann ich doch gleich Astronaut werden – das ist genauso utopisch!» Diesen Satz hörte ich neulich von einem Jugendlichen, der eigentlich gerne kocht, sich aber keinen Job in der Gastronomie vorstellen kann. Wie schaffen wir es, die nächste Generation zu begeistern?
Zu stressig, zu schlecht bezahlt, fehlende Work-Life-Balance – das Image der Branche leidet. Die Folgen? Nicht besetzte Lehrstellen, unterbesetzte Teams und überlastete Gastronominnen und Gastronomen, die händeringend Mitarbeitende und Lernende suchen. Doch wie konnte es so weit kommen? Und vor allem: Wie holen wir die junge Generation zurück an den Herd?
Ein Job zwischen Leidenschaft und Burnout?
Früher war es fast ein Ritterschlag, eine Ausbildung zum Koch oder zur Köchin in einem renommierten Betrieb beginnen zu dürfen. Aber es ist nicht mehr wie früher und das ist uns wohl allen klar?! Jammern hilft nichts! Heute hören wir von vielen jungen Menschen, der sogenannten Generation Z: «Warum soll ich mir das antun?» Längere Arbeitszeiten, geringere Bezahlung, Stress und rauer Umgangston schrecken ab. Aber die Gastronomie ist mehr als nur ein Job – sie ist Kunst, Handwerk und Bühne zugleich. Die Frage ist: Wie vermitteln wir das, damit junge Talente sich wieder für die Branche begeistern?
1. Die Ausbildung revolutionieren
Schule und Ausbildung sind oft der erste Berührungspunkt mit der Branche. Und genau da müssen wir ansetzen. Junge Menschen brauchen nicht nur das Know-how zu Techniken, sondern auch Inspiration. Statt starrem Frontalunterricht brauchen wir eine Ausbildung, die begeistert – mit viel mehr Praxis, kreativen Projekten und einer modernen Kommunikation. Warum nicht einen Social-Media-Workshop für angehende Köchinnen und Köche lancieren? Oder einen Austausch mit Spitzen- und TV-Köchen oder bekannten Grössen aus der Branche? Wer heute Lernende gewinnen will, muss ihre Sprache sprechen.
2. Neue Arbeitsmodelle anbieten
Die nächste Generation tickt anders. Sie will Flexibilität, Entwicklungsmöglichkeiten und eine gesunde Work-Life-Balance. Viele Restaurants verharren im alten System: starre Hierarchien, fixe Schichten, geteilte Dienste, wenig Mitspracherecht. Doch wer heute Talente binden will, muss umdenken. Modelle wie eine Viertagewoche oder flexible Dienstpläne sind kein Luxus mehr, sondern eine Option. Junge Talente wollen wissen, dass sie auch in zehn Jahren noch Freude an ihrem Beruf haben – und nicht mit Mitte 40 ausgebrannt sind.
3. Wertschätzung als Schlüssel
Die Gastronomie lebt von Menschen und doch fühlen sich viele Mitarbeitende wie eine Nummer. Der Schlüssel zur Mitarbeiterbindung ist Wertschätzung. Das bedeutet nicht nur eine faire Bezahlung, sondern auch ein Arbeitsumfeld, in dem man sich gehört und gesehen fühlt. Erfolgreiche Betriebe setzen längst auf ein anderes Miteinander: mehr Teamgefühl, echte Anerkennung und klare Entwicklungswege.
4. Die Faszination wieder wecken
Junge Menschen wollen Sinn in ihrem Tun sehen. Wir müssen ihnen zeigen, dass Gastronomie ein Beruf mit Zukunft ist – voller Kreativität, Leidenschaft und Möglichkeiten. Sie erfordert aber auch viel Training, um irgendwann die Perfektion zu erlangen. Wir müssen mit Erfolgsgeschichten inspirieren: Wie wurde aus einem Lernenden ein Sternekoch, ein Social-Media-Star, ein Fernsehkoch, ein Koch für ein Formel-1-Team. Oder wie hat es der oder die geschafft, an Wettbewerben teilzunehmen, und welche Zusatzleistungen mussten dazu erbracht werden? Wie kann man sich später im Leben mit innovativen Konzepten selbstständig machen? Was heisst das, und wo liegen die Vor- und Nachteile? Statt über Fachkräftemangel zu klagen, sollten wir die Bühne denen geben, die es geschafft haben – und damit neue Talente anziehen.
5. Die Branche gemeinsam neu denken
Die Zeiten, in denen die Gastronomie nach dem Motto «Augen zu und durch» funktionierte, sind vorbei. Wer die nächste Generation begeistern will, muss sich verändern. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Weitsicht. Denn am Ende ist die Rechnung ganz einfach: Ohne Nachwuchs gibt es keine Zukunft für die Gastronomie. Es liegt an uns, den Funken wieder zu entzünden und zu zeigen, dass dieser Beruf nicht nur harte Arbeit ist, sondern eine der schönsten Herausforderungen, die es gibt.
Wenn wir so funktionieren, können wir Nachhaltigkeit eins zu eins und auf Augenhöhe von unseren jungen Mitarbeitenden an unsere jungen Gäste weitergeben. So entsteht Nachhaltigkeit von innen heraus und wird gelebt. Und wer weiss: Vielleicht träumt dann bald wieder ein Jugendlicher davon, Koch zu werden statt Astronaut.
