Zwei Länder, eine Handschrift:

Wie das «Romy» alte Rezepte modern interpretiert

03.07.2025
Gourmet 7/8/25
Artikel teilen

Im Herzen der Berner Altstadt schaffen Sina und Pascal Ralo einen Ort, an dem österreichische und portugiesische Küchentraditionen zu einer eigenständigen Handschrift verschmelzen. Das Romy überzeugt mit Klarheit, Handwerk und Authentizität – auf dem Teller und im Service.

Pascal Ralo bringt Erfahrung aus der Spitzenküche mit, unter anderem aus dem Michelin-Restaurant Facil in Berlin (2 Michelin-Sterne, 19 Punkte GaultMillau) und der Schwarzwaldstube in Baiersbronn (3 Michelin-Sterne, 19.5 GaultMillau). Ausserdem die kulinarischen Schätze zweier Grossmütter: Romy, die nach dem Krieg von Österreich in die Schweiz kam und eine leidenschaftliche Köchin war, sowie seine portugiesische Grossmutter, die im ländlichen Alentejo lebt. Beide Frauen haben seine Liebe zu authentischem Essen und ehrlicher Handwerkskunst geprägt.

Unter dieser Prämisse haben Pascal Ralo und seine Frau Sina das Restaurant Romy 2022 gegründet. Was hier serviert wird, ist kein Neuaufguss klassischer Rezepte, sondern eine respektvolle Weiterentwicklung, eine Fusion traditioneller Familienrezepte mit modernen Techniken. Das Menu wechselt alle acht bis zehn Wochen, folgt der Saison und spiegelt zugleich persönliche Geschichten: Arroz de Marisco steht neben Rindsgulasch mit Semmelknödel, ein kräftiger Tafelspitz trifft auf Sellerie mit Cassis und Beurre Blanc. Auch vegetarische Varianten werden konsequent mitgedacht und kulinarisch ernst genommen.

Konsequent regional, spürbar handgemacht

«Was im Romy auf den Teller kommt, basiert auf regionalen Produkten. Das Fleisch stammt aus der Schweiz, Gemüse wird saisonal und möglichst aus der Region bezogen. Wir verzichten bewusst auf Luxusprodukte und legen den Fokus stattdessen auf handwerklich solide Zubereitungen», sagt Küchenchef Pascal Ralo, der mit dem Anspruch kocht, dass jedes Gericht auch ohne grosse Erklärungen Bestand hat, und der insbesondere Saucen aufwändig und mit viel Liebe zum Detail herstellt. Immer steht die Substanz im Zentrum, nie das Spektakel. Oder anders gesagt: Die Küche setzt nicht auf Effekte, sondern auf stimmige Kompositionen, schnörkellos aber mit Stil.

Auch die Weinkarte folgt diesem Schema: «Portugal, Österreich und die Schweiz prägen das Sortiment, auch sie erzählen die Geschichte der Familie und ihrer kulinarischen Reise durch Europa», sagt Sina Ralo, Gastgeberin und Sommelière mit einem feinen Gespür für Atmosphäre und Paarungen. Ihre Weinempfehlungen sind eingebettet in die Dramaturgie eines Abends, der den Gast ins Zentrum stellt. Sie bringt Erfahrungen aus der Event- und Gastronomiebranche mit, unter anderem als Eventleiterin im Casino Bern, sowie aus dem Bereich Sales & Marketing von ihrer Tätigkeit bei der Bernexpo und dem Hotel Eden in Spiez. Sina Ralo punktet mit ihrem echten Gespür für Menschen und mit einem aufmerksamen Service, der nicht aufdringlich, sondern stets persönlich ist.

Ein Ort mit Geschichte, nicht mit Attitüde

Das Romy ist in der Berner Altstadt in einem historischen Haus aus dem Jahr 1699 untergebracht. Ein Teil des Raumes diente ursprünglich als Pferdestall für Fuhrpferde. Und dort, wo sich nun die Küche befindet, befand sich einst die erste Autogarage der Berner Altstadt, betrieben von einem Mann, der eines der wenigen Automobile zu dieser Zeit besass. Der Umbau erfolgte 2019 durch die Burgergesellschaft Bern, seither füllt das Gastgeberpaar die Räume mit zeitgemässer Gastronomie ohne aufgesetzt modern zu wirken. Das Romy ist also kein Szene-Restaurant, keine Bühne für Selbstinszenierung, sondern vielmehr ein Ort, an dem kulinarische Herkunft, solides Handwerk und persönliche Haltung zu einer stimmigen Einheit werden. Hier wird mit Substanz gekocht und mit Herz serviert.


Anzeige