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Auswirkungen von Corona-Massnahmen auf Gastro-Mietverträge

27.02.2023
Gourmet 1/2/3/23
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Kürzlich hatte sich das Mietgericht Zürich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die finanziellen Folgen von behördlichen Corona-Massnahmen, wie temporäre Betriebs-Einschränkung oder -Schliessung von Gastrobetrieben, von der einen oder anderen bzw. von beiden Mietvertragsparteien zu tragen seien.

Was geschah …

Die Mietvertragsparteien schlossen im Jahre 2017 zwei befristete (Rohbau-)Mietverträge zum Betrieb von Restaurants in Zürich ab. Vereinbart war u.a. ein vorschüssig zu bezahlender Mindest-Mietzins samt Nebenkosten-Akonto. Zusätzlich hatte die Mieterin einen Mietzins von 6,5 % des den Umsatz von 5 Mio bzw. 2,4 Mio überschreitenden Jahres-Umsatzes (exkl. MwSt) zu leisten.

Wegen der behördlichen Corona-Massnahmen verlangte die Gastro-Mieterin von der Vermieterin eine Mietzinsreduktion für die Dauer der Restaurant-Schliessungen. Die Vermieterin gewährte der Gastro-Mieterin für die Zeit vom 17. März 2020 bis 10. Mai 2020 eine 50 %-Reduktion der Mindest-Miete und des Nebenkosten-Akontos pro April und Mai 2020, allerdings ausdrücklich «unpräjudiziell und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht». Für die Zeit des «zweiten Lockdowns» während der Monate Dezember 2020 bis Mai 2021 einigten sich die Mietvertragsparteien auf die Teilnahme an der von der Stadt Zürich angebotenen «Drei-Drittels-Lösung». Danach trugen die Beteiligten den Mietzins bis in Höhe von CHF 25 000 pro Monat zu je einem Drittel (CHF 8333.–/Mt; den übersteigenden Mietzinsanteil hatte jedoch die Vermieterin zu tragen). Davon ausgenommen waren die Nebenkosten. Allerdings hielt die Vermieterin fest, dass alle von diesen Herabsetzungsvereinbarungen nicht erfassten Mietzinse von der Gastro-Mieterin vollumfänglich zu bezahlen seien.

Weil die Gastro-Mieterin ihren Mietzinszahlungspflichten dennoch nicht vollumfänglich nachkam, wurde sie von der Vermieterin gemäss Art. 257d OR abgemahnt und ihr die ausserordentliche Kündigung angedroht. Trotzdem reagierte die Gastro-Mieterin weder auf die Abmahnung, noch bezahlte bzw. hinterlegte sie die Mietzinsausstände. Daraufhin kündigte die Vermieterin die Mietverträge mit amtlichem Formular ausserordentlich per 31. Juli 2021. Auch diese Kündigungen wurden von der Gastro-Mieterin innert der 30-tägigen Frist seit Empfang nicht angefochten. Vielmehr teilte sie der Vermieterin am 14. Juli 2021 mit, sie erachte die beiden Kündigungen als «unwirksam», also nichtig, weshalb sie die Mietlokalitäten nicht per 31. Juli 2021 zurückgeben werde. Daraufhin stellte die Vermieterin für beide Mietobjekte das Ausweisungsbegehren. Infolge des hängigen Rechtsstreits betreibt die Gastro-Mieterin im Zeitpunkt des Mietgerichtsurteils (Dezember 2022) beide Restaurants nach wie vor.

Die Gastro-Mieterin machte geltend…

Die beklagte Gastro-Mieterin begründete ihr Verhalten damit, dass gemäss Mietvertrag vereinbart bzw. sie verpflichtet sei, die Gastro-Betriebe zu vertraglich festgelegten Zeiten offen zu halten. An dieser vertraglichen Offenhaltungspflicht sei sie durch die behördlichen Corona-Schliessungsvorschriften gehindert worden. Deshalb habe sie von der Vermieterin eine angemessene Mietzinsherabsetzung verlangt, welche nicht akzeptiert worden sei. Zudem seien die coronabedingten Betriebseinschränkungen als «rechtlicher Mangel» zu betrachten, d.h. als vertragswidrige Abweichung des tatsächlichen Gebrauchszustandes vom vertraglich vereinbarten und damit zugesicherten Zustand des Mietobjekts. Ihr Mietzinsherabsetzungsanspruch bestehe auch, wenn dieser Mangel auf Drittpersonen oder äussere Umstände zurückzuführen sei. Zudem habe die Vermieterin mit der vereinbarten Gebrauchspflicht das unternehmerische Risiko der Mieterin mitübernommen, weshalb die behördlichen Einschränkungen auch unter diesem Aspekt als «mietrechtlicher Mangel» zu qualifizieren seien. Die Mängelrüge sei rechtzeitig erfolgt, bzw., sei dieser Mangel allgemein bekannt und mithin auch der Vermieterin zur Kenntnis gelangt. Im Übrigen sei die Mieterin immer bereit gewesen, den tatsächlich geschuldeten herabgesetzten Mietzins zu bezahlen. In diesem Umfang sei der Mietzins auch bezahlt. Daher fehle die rechtliche Grundlage für eine Zahlungsverzugskündigung.

Das Mietgericht befand…

Das Mietgericht hielt jedoch fest, dass bei einem Geschäfts-Mietvertrag – auch im Gastgewerbe – das Betriebs-Risiko einzig bei der Mieterin liege. Die Vermieterin habe nur zu gewährleisten, dass die Mietsache in einem zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand übergeben und erhalten werde (objektbezogene Eigenschaften). Deshalb komme eine richterliche Vertragskorrektur (Art. 119 OR) oder eine Mietzinsminderung (Art. 259d OR) im Falle einer behördlichen Betriebsschliessung grundsätzlich nicht in Frage. Vorbehalten bleiben besondere Zusicherungen der Vermieterin (betriebsbezogene Eigenschaften), sich am Betriebs-Risiko der Mieterin zu beteiligen, z.B. in Form einer Umsatz-Garantie. Allenfalls wäre eine «richterliche Vertragsanpassung zufolge wesentlich veränderter Umstände» (Clausula rebus sic stantibus) denkbar, deren Voraussetzungen aber streng sind: So wären sämtliche Umstände beider Mietvertragsparteien einzubeziehen. Insbesondere hätte die Mieterin darzulegen, wie sich die behördlichen Einschränkungen konkret auf ihren Geschäftsbetrieb ausgewirkt hatten, sowie, welche betrieblichen Gegenmassnahmen sie mit welchem Erfolg ergriffen hatte, aber auch, welche staatlichen oder privaten Hilfen sie in Anspruch genommen hatte, bzw., warum sie allenfalls auf solche Unterstützungsleistungen verzichtet hatte. – Im vorliegenden Fall verweigerte aber die Mieterin der Vermieterin und später dem Gericht diese Informationen, insbesondere die Einsicht in die Geschäftsbücher. Deshalb konnte der tatsächlich erlittene Mieter-Schaden gar nicht ermittelt werden, infolgedessen die Grundlagen für eine richterliche Vertragsanpassung von vornherein fehlten. – Aber es würde sich auch nicht anders verhalten, falls ein Anspruch auf Mietzinsminderung grundsätzlich zu bejahen wäre. Um nämlich den Umfang der Minderung festlegen zu können, müsste bekannt sein, wie sich die Summe aller Massnahmen auf den konkreten Geschäftsbetrieb ausgewirkt hatte.

Falls aber – wie vorliegend – die Mieterin den Mietzins eigenmächtig reduziert und deswegen Zahlungsrückstände entstehen, ist es der Vermieterin rechtlich erlaubt, der Mieterin unter Beachtung der Regeln von Art. 257d OR ausserordentlich zu kündigen.


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