Fischkreationen – immer anders, immer neu  – und immer überraschend!

Das Gilde-Restaurant du Lac, Le Pont am Lac de Joux

08.07.2021
Gourmet 7/21
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Allzu auffällig ist es nicht – das Restaurant du Lac in Le Pont am Lac de Joux. Was aber auffällt, ist die schwarze Schiefertafel beim Eingang mit der Aufschrift «Complet» an einem ganz gewöhnlichen Montagmorgen, das sympathische Team mit Sylviane und Roberto Biaggi an der Spitze sowie die exzellente Küche. Sylviane Biaggi ist Chef de Service, Roberto Biaggi ist Küchenchef und Vizepräsident der Gilde etablierter Schweizer Gastronomen – mit wachen Augen hinter roter Brille, ehrlich im Gespräch, kantig in seinen Aussagen. Er hat kein Ohr für Schmeicheleichen, aber ein Auge für gute Qualität. Umso kompetenter und gewichtiger ist da sein Urteil über die Produkte der Dyhrberg AG, der ersten Lachsräucherei der Schweiz, welche nebst viel Rauchlachs auch Tintenfische, Langustenschwänze und feine Lachsbäggli nach Le Pont liefert.

Der Lac de Joux ist eine verborgene Schönheit im gleichnamigen Vallée de Joux, ein mit Wald, Schilf und schroffen Felsen gesäumter See, der seine Besucherinnen und Besucher vielerorts auf Abstand hält, andernorts ungewohnt viel Nähe zulässt. Die Häuser der wenigen Dörfer schmiegen sich an ihn und wetteifern um die beste Seesicht. An seinem Nordufer, wo sich der Lac de Joux und der kleinere Lac Brenet am nächsten sind, liegt das Dorf Le Pont. Hier führen Sylviane und Roberto Biaggi das exquisite Gilde-Restaurant du Lac. Unscheinbar auf den ersten Blick. Aber bereits der Gilde-Banner am Terrasseneingang nimmt Roberto Biaggi das Versprechen ab, in der Küche Ausserordentliches zu leisten, und auch das Label «Fischküche mit Auszeichnung» von der «Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch» ist Würdigung und Herausforderung zugleich.

«Mein Konzept ist ganz einfach», sagt Roberto Biaggi gegenüber GOURMET. Er setzt auf Marktfrische aus der Region. Zwei Berufsfischer liefern fangfrische Hechte, Felchen und Eglis aus dem Lac de Joux. Ergänzend kommen Eglis aus dem Wallis auf den Teller, sowie Schweizer Fleisch vom Dorfmetzger. «Rauchlachs beziehe ich bei der Lachsräucherei Dyhrberg AG, ebenso Hummerschwänze, Lachsbäggli und Pulpo.» Letzteren lässt er auf einen Teller gleiten, durchschneidet mit einem scharfen Messer die purpurroten, mit Saugnäpfen gesäumten Fangarme wie Butter. Später kommen sie als Pulpo-Salat auf die Teller jener Gäste, die das Überraschungsmenu wählen.

Roberto Biaggis Spezialität lautet: Immer anders, immer neu! Inspirationen liefert nicht etwa der See, auch nicht seine Aufenthalte in Asien oder in den Küchen von Luxusdampfern wie der Queen Elisabeth. Es ist die Dunkelheit der Nacht, die neue und gute Ideen bereithält. «Ja, ich schlafe wenig», lacht er. «Ich bin nie zufrieden mit mir. Etwas lässt sich immer verbessern, und das ist der Antrieb für neue Kreationen, um unseren Gästen eine ausser-ordentlich schöne Zeit bei uns zu schenken.»

Vielfalt in der Einfachheit

Roberto Biaggi ruht nicht auf Bewährtem aus, sondern erfindet Bekanntes immer wieder neu. Er und Sylviane Biaggi bedienen im Restaurant du Lac 80 Prozent Stammgäste aus der Region, die – weit gefasst – bis nach Genf, Lausanne und Yverdon reicht. Einige kommen monatlich, andere sogar wöchentlich. Für sie steht dann beispielsweise die «Table du Patron» bereit – ein Tisch in der Abgeschiedenheit der Küche. Eine einzigartige und optimale Kulisse für Geschäftsessen und Gespräche, die in der Hektik eines Mittags- oder Abendservice untergehen, den Gästen aber die erwartete Diskretion bieten. «Wer hier sitzt, muss unsere Philosophie kennen: Auf der Speisekarte steht vielleicht ein Rindsfilet, und am Ende erhält der Gast nur einen Teil vom Rindsfilet, dazu einen Hummerschwanz und eine Jakobsmuschel. Ich zeige lieber auf dem Teller und nicht auf dem Papier, was es gibt.»

Entsprechend nüchtern und «sec» liest sich die Speisekarte. «Os à moelle», «6 escargots au beurre maison» oder «Tatare de veau, 100g». Kein Wort zu viel, sachlich auf den Punkt gebracht, so mag es Gilde-Gastronom Roberto Biaggi. «Ich bin auch sonst sehr direkt», sagt er. Kantige Worte wie ein Jurafelsen. Das hat ihm letztlich das Amt als Vizepräsident der Gilde-Gastronomen eingebracht: «Als Tessiner weiss ich, dass man Randregionen wie die unsere, aber beispielsweise auch die Rätoromanen, leicht vergisst. Doch statt zu kritisieren, ist es konsequenter, mich für meine Anliegen einzusetzen.» Das Erste ist einfach – und das Zweite viel Arbeit. «Für alle zu denken, für verschiedene Betriebe, Interessen und Regionen, für die Vielfalt in der Schweiz – sie ist grossartig, aber auch eine Herausforderung. Das Unterengadin und das Vallée de Joux ähneln sich vielleicht landschaftlich, ihre Gäste sind jedoch ganz unterschiedlich.»

Qualität hat Geschmack

Die Gäste des Restaurants du Lac beispielsweise lieben Überraschungen mit drei bis sieben Gängen. An dem Montag überrascht Roberto Biaggi nach dem Pulpo-Salat mit einem Bonbon aus kanadischem Rauchlachs, gefüllt mit geräuchertem Eglifilet. Gedünstete Hummerschwänze mit Gemüse folgen einem Tonnato mit schwarzem Heilbutt, der entgegen seinem Namen ein weisses, schmackhaftes Fleisch aufweist. Er wird in Grönland aus dem Eis gefischt. Durch die sanfte, mehrtägige Räucherung in den Holzöfen der Dyhrberg AG in Balsthal entwickelt er sich zu einer köstlichen Spezialität, die der Gilde-Gastronom und Küchenchef mit einer Tonnato-Sauce überzieht. «Man kann Speisen mischen, aber trotzdem einfach bleiben. Die Voraussetzung dazu sind ausgezeichnete Grund- und Ausgangsprodukte, die mit viel Eigengeschmack beeindrucken.»

Und die ihren Preis wert sind. «Zum Beispiel der Thunfisch: Für ein Top-Produkt zahle ich mehr, habe aber keine Abfälle, kann in einem Tatar oder Carpaccio restlos alles verwenden.» Das ist Nachhaltigkeit, die sich auszahlt. Doch ums Geld geht es Roberto Biaggi nicht. Wie leicht könnte er an diesem Standort mit Günstig-Eglis eine ständig ändernde Laufkundschaft bedienen. Und so lautet eine seiner wichtigsten Botschaften an die Lernenden in seinem Betrieb: «Ehrlich mit sich selber sein, sich nicht für schnelles Geld verkaufen, sondern mit ausgezeichneten Produkten und viel Leidenschaft Gäste bedienen, die gerne wiederkommen.»

Die nächste Generation

Als Mitglied einer Gilde, die eine etablierte Schweizer Gastronomie fördert, liegt ihm der Nachwuchs besonders am Herzen. 23 Köchinnen und Köche verliessen in 20 Betriebsjahren topausgebildet seine Küche, acht Lernende waren es im Service. Einer von ihnen ist Gonçalo Pereira. Er hat letztes Jahr seine Kochlehre abgeschlossen, absolviert jetzt eine Zusatzlehre im Service. Souverän bedient er die Gäste, aufmerksam, zuvorkommend. «Noch bis vor zwei Jahren hatte ich immer drei Lernende in der Küche, einer pro Lehrjahr. Dieses Jahr habe ich keinen gefunden. Wir sind eine Bergregion, abends ist hier nicht viel los. Die Arbeit in der Küche ist streng. Das passt nicht allen.»

Mehrere Lehrabgänger von Roberto Biaggi haben inzwischen eigene Restaurants, einer unweit von Le Pont, drei bis vier sind bei der Polizei, einer ist Militärinstruktor wie einst Roberto Biaggi. Die Lehre absolvierte er im Hotel Reber au Lac in Locarno und bei Angelo Conti Rossini in Brissago, zusammen mit Daniele Cadenazzi, Verkaufsleiter für das Tessin und Graubünden bei der Dyhrberg AG. «Bei einer Gilde-GV vor drei Jahren hat er uns bekannt gemacht», sagt Mario Grichting, Verkaufsleiter für das Wallis und die Westschweiz bei der Dyhrberg AG.

Seither bestellt Roberto Biaggi Rauchlachs, Meeresfrüchte, Langusten- und Hummerschwänze sowie Schwarzen Heilbutt und andere Produkte direkt bei der Dyhrberg AG. «Ich kannte die Produkte bereits, bezog einige über diverse Grosshändler. Jetzt habe ich den direkten Kontakt, den ich sehr schätze. Egal, ob ich mit dem Innendienst oder mit dem Lieferanten spreche – ich werde freundlich und zuvorkommend bedient. Hier geht es in erster Linie um einen guten Service, nicht um Verkaufszahlen, das gibt es selten.» Für Roberto Biaggi gewichtet der persönliche Kontakt schwer, ebenso wie die gute Qualität, die Dyhrberg liefert, die erste Lachsräucherei der Schweiz, welche im Jahre 1965 von zwei Dänen und einem Schweizer gegründet wurde.

Räuchern wie vor 100 Jahren

Rund 40 Prozent der Dyhrberg-Lachse kommen von der norwegischen Insel Bømlo, ein Teil aus Island, Schottland, der Bio-Lachs aus Irland. «Unsere Fjordlachse schwimmen bis zu 60 Meter tief, sind darum weniger fettig als Beckenzuchtlachse», erklärt Westschweiz-Verkaufsleiter Mario Grichting. Bereits ein paar Tage, nachdem sie im Norden gefischt wurden, kommen die Lachse in Balsthal an, werden über Nacht gewässert, tags darauf von Hand filetiert, gesalzen, später im gemauerten Holzofen kalt geräuchert, nach einem Verfahren, das man in Dänemark bereits vor 100 Jahren angewandt hat, ganz ohne Digitalanzeige, trotzdem perfekt, dank der Erfahrung langjähriger Räuchermeister. 82 Mitarbeitende aus 19 Nationen verarbeiten bei der Dyhrberg AG zwölf Tonnen Lachs pro Woche, 800 Tonnen sind es im Jahr. Hinzu kommen zwei Tonnen Heissrauchprodukte wie Forellen, Makrelen, Aale, Heringe oder Thunfische, die im Gegensatz zum Lachs heiss geräuchert werden.

Die Dyhrberg AG produziert ausschliesslich für den Schweizer Markt – für die gehobene Gastronomie und den Premium-Bereich im Detailhandel. Und während Billiglachs mit flüssigem Rauchsalz in vier bis sechs Stunden fertig ist, dauert die Rauchlachsproduktion bei Dyhrberg rund eine Woche. Gutes braucht Zeit. «Ich bin seit 25 Jahren im Aussendienst, führte früher selber ein Restaurant. Ich kenne den Verkauf, und ich kenne die Seite der Gastronominnen und Gastronomen. Einen Kundenstamm aufbauen, ist viel Arbeit, die ich in der Westschweiz geleistet habe, wo Dyhrberg zuvor mehrheitlich unbekannt war. Hat man erste Kundinnen und Kunden überzeugt und sind alle Mitarbeitenden mit Herzblut dabei, vom Räuchermeister über die Verpackerinnen bis zum Chauffeur, wird es irgendwann fast ein Selbstläufer.» Oder wie es Roberto Biaggi erklärt: «Kann ein Lernender nach seiner Ausbildung in einem Betrieb dereinst Verantwortung übernehmen, wird er an die Basis zurückgehen, sich auf die Suche nach den Produkten machen, die er kennt und schätzt, nach den Hechten aus dem Lac de Joux oder nach dem Rauchlachs von Dyhrberg. Das braucht Zeit, zeigt aber auch, dass Qualität langfristigen Erfolg bietet.»

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Restaurant du Lac

Roberto & Sylviane Biaggi

Sur-les-Quais 47

1342 Le Pont

Tel. 021 841 12 96

rest.lac.pont@bluewin.ch 

  


Dyhrberg AG

Solothurnerstrasse 40

4710 Klus/Balsthal

Tel. 062 386 80 00

admin@dyhrberg.ch


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