Pensionierung – kann die nächste Reform unsere Renten retten?

28.08.2024
Gourmet 9/24
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Am 22. September wird über die Pensionskassen-Reform abgestimmt. Bringt sie mehr oder weniger Rente? Unabhängig von der Reform sind weitere Faktoren entscheidend, um die finanzielle Situation nach der Pensionierung zu verbessern. Ein Beitrag aus den VZ-News von Simon Tellenbach, Mitglied der Geschäftsleitung, Vorsorgeexperte, den wir mit freundlicher Genehmigung des VZ VermögensZentrums publizieren.

Es gibt keinen Grund zum Jubeln. Zwar geht es den Pensionskassen finanziell etwas besser als noch vor einigen Jahren, und auch der Anstieg der Lebenserwartung hat sich etwas verlangsamt. Trotzdem stehen sie vor ­grossen Herausforderungen.

Vor allem der Mix aus steigender Lebenserwartung, starrem Rentenalter und obligatorischen Renten ist explosiv. Darum sind sie gezwungen, Massnahmen zu ergreifen, die künftigen Pensionierten weh tun:

  • Der Mindestumwandlungssatz im Obligatorium passt sich nicht an die Lebenserwartung an und ist zu hoch. Darum müssen Pensionskassen ihren Umwandlungssatz im Überobliga­torium viel tiefer ansetzen als im obligatorischen Teil.
  • -Pensionskassen müssen jedes Jahr Milliarden umverteilen, indem sie Erträge auf Guthaben der Berufstätigen abzwacken, um damit die Renten der Pensionierten zu subventionieren. Der Bundesrat will das jetzt korrigieren. Mit der Reform der Pensionskassen soll die Berechnungsbasis in der beruflichen Vorsorge an die aktuelle demografische Realität angepasst werden. Viele Schweizerinnen und Schweizer sind sich bewusst, dass es eine Reform braucht. Bevor sie an die Urne gehen, möchten sie aber genau wissen, wie sich die Massnahmen auf ihre Renten auswirken.

Warten Sie nicht auf die Reform

Wie hoch die Renten ausfallen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Denn sie hängen vom versicherten Lohn, von den Sparbeiträgen, vom Umwandlungssatz der Pensionskasse und davon ab, ob man einen Rentenzuschlag bekommt.

Die Beispiele in der unteren Tabelle auf der nächsten Seite zeigen, dass ­Erwerbstätige, die weniger Geld angespart haben, mit einer höheren Rente rechnen können, jene mit mehr Ersparnissen mit einer tieferen:

  • Eine 60-jährige Person, die Vollzeit arbeitet und bei ihrer Pensionierung mehr als 441 000 Franken angespart hat, könnte nach der Reform von ihrer Pensionskasse 2669 Franken weniger Rente pro Jahr bekommen (siehe Tabelle unten).
  • Eine andere 60-jährige Person, die 55 Prozent arbeitet, könnte 698 Franken mehr Rente erhalten – auch weil sie bis zur Pensionierung etwas mehr als 220 500 Franken angespart hat.

Tipp: Nutzen Sie die Zeit, um sich gründlich vorzubereiten. Prüfen Sie jede Massnahme einzeln, um zu sehen, wie sie sich auf Ihre künftige Rente auswirkt.

Unabhängig von der Reform ist heute schon klar, dass die Umwandlungssätze weiter sinken. Eine Frage wird darum noch wichtiger: Wie soll man das Ersparte beziehen: als Rente, als Kapital oder als Mix aus beidem? Diese Wahl entscheidet über die Lebensqualität nach der Pensionierung – und man kann sie nicht rückgängig machen. Wägen Sie darum gut ab.

  • Kapital: Wer das Kapital bezieht, muss es anlegen und aufbrauchen. Viele fürchten sich davor, das Anlagerisiko selbst zu tragen. Der Vergleich in der Tabelle rechts zeigt: Selbst wenn man nur ein Prozent erwirtschaftet, ist das Einkommen höher als eine Rente, die auf einem Umwandlungssatz von sechs Prozent basiert.
  • Rente: Die Rente ist ein Leben lang gesichert. Wie hoch sie ist, hängt vom Umwandlungssatz ab. Und dieser ist bei vielen Pensionskassen auf unter sechs Prozent gesunken. Zudem muss man die Rente zu 100 Prozent als Einkommen versteuern. Das Kapital wird nur einmal zu einem Vorzugssatz besteuert, danach gehört es zum Vermögen. Und: Anders als die AHV gleichen die meisten Pensionskassen die Teuerung nicht aus.
  • Ehepaare: Für viele ist es am besten, wenn sie die Vorteile von Rente und Kapital kombinieren. Viele Ehepaare sind Doppelverdiener und bauen Guthaben in der Pensionskasse auf. Sie müssen sich gut abstimmen: Aus welcher Kasse soll welcher Betrag kommen? Prüfen Sie die Umwandlungssätze Ihrer Pensionskassen. Je tiefer dieser Satz ist, desto kleiner fällt die Rente aus. Darum sollte eher der Partner die Rente wählen, dessen Kasse den höheren Satz anwendet.

Wichtig: Lassen Sie genau berechnen, was für Sie besser ist. Der optimale Mix hängt ab vom gewünschten Lebensstandard, der Steuerlast, der Familienkonstellation, dem Gesundheits­zustand und davon, ob man erbt und wie man sein Vermögen aufbrauchen will.


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