Verschärfung trifft künftig auch kleinere Betriebe
Fette und Öle verursachen, wenn sie in Leitungen und in der Kanalisation verklumpen, verheerende Schäden. Deshalb müssen Verpflegungsstätten, Grossküchen, Restaurants und Hotels die fetthaltigen Abwasser warmer Speisen vor der Einleitung in die öffentliche Kanalisation vorbehandeln. Auf Anfang Juli 2024 ist die entsprechende Norm 592 000: 2024 verschärft worden. Was bedeutet das für Betroffene? Moderiert durch Gourmet-Verlagsleiter Stephan Frech zeigten Fachleute aus der Branche an einem Roundtable in Luzern die Hintergründe auf.
Stephan Frech: Auf den 1. Juli 2024 wurde die Schweizer Norm 592 000 aus dem Jahr 2012 revidiert. Eine Änderung betrifft insbesondere den Einsatz von Fettabscheider. Was kommt auf betroffene Betriebe zu?
Jannik Küng: Die Norm SN 592 000 behandelt die gesamte Thematik rund um die Entwässerung von Liegenschaften und enthält auch Vorgaben für den Einsatz von Fettabscheider, insbesondere ab wann ein solcher eingesetzt werden muss. Waren es bisher 300 warme Mahlzeiten pro Tag, ab denen ein Fettabscheider verpflichtend war, sind es seit dem 1. Juli 2024 150 warme Mahlzeiten. Die Obergrenze wurde also gesenkt. Es handelt sich hierbei um eine schweizweit geltende Mindestanforderung, Kantone oder Gemeinden sind frei, weitergehende Verfügungen zu erlassen. Insbesondere in städtischen Gebieten setzte man den Minimalwert bereits vorher auf 150 warme Mahlzeiten oder gar noch tiefer. Von der Änderung betroffen sind neu insbesondere ländliche Gebiete.
Stephan Frech: Heisst das, dass Betriebe, die bisher keinen Fettabscheider benötigten, jedoch mehr als 150 warme Mahlzeiten pro Tag servieren, nachrüsten müssen?
Jannik Küng: Nein. Solche Betriebe müssen nicht rückwirkend umrüsten. Die Neuerung gilt jedoch ab sofort für sämtliche Baueingaben, sobald die Bewässerung tangiert ist.
Stephan Frech: Warum drängte sich diese Anpassung auf? Und wie kommt man auf die Zahl von 150 warme Mahlzeiten?
Jannik Küng: Es geht in erster Linie um den Schutz der öffentlichen Kanalisation. Durch das Aushärten des Fetts kann das ganze Leitungsnetz betroffen sein, nicht nur die Abwasserreinigungsanlagen (ARA). Man erinnere sich an London vor einigen Jahren, wo man riesige Fettklumpen aus der öffentlichen Kanalisation herausbrechen musste. Das gleiche passierte im Januar 2023 in Luzern unterhalb des Bahnhofs. Überall dort, wo sich viele Restaurants befinden, sind die Leitungen stark belastet. Die Änderung trifft nun auch ländliche Gebiete. Die Dunkelziffer von Restaurants, die unter die 300er-Marke fielen, war wohl sehr hoch.
Martin Rüdisühli: Ich nehme an, dass der Wert auf Erfahrungswerten beruht. In meinen Augen hat man einen gesunden Mittelweg gefunden. Mit diesen 150 warmen Mahlzeiten kann man viel lösen, was heute problematisch war. In anderen europäischen Ländern gilt die Pflicht eines Fettabscheiders unabhängig der Anzahl Mahlzeiten.
Stephan Frech: Essen wir heute vielleicht immer fettiger?
Peter Zemp: Es sind in der Vergangenheit tatsächlich viele Take-Away- oder Fast-Food-Läden aufgegangen. Die steigenden Frequenzen belasten das Abwasser zumindest mit.
Martin Rüdisühli: Unsere Kanalisationen werden zudem auch nicht jünger.
Jannik Küng: Die sind tatsächlich überlastet, da in der Schweiz immer dichter gebaut wird und die Einwohnerzahl stetig steigt.
Stephan Frech: Wie zeigt sich die Umsetzung im Alltag? Ist der Richtwert von 150 warmen Mahlzeiten einfach umzusetzen?
Peter Zemp: Ob 150 oder 300: Die Einhaltung der Obergrenze erfolgt nach bestem Wissen und Gewissen und ist keine Exaktheit. Diese in der Realität zu bemessen oder zu beurteilen ist nicht immer einfach. Die Frage, ob es einen Fettabscheider benötigt oder nicht, stellt sich insbesondere aufgrund der Art der servierten Mahlzeiten. Braucht es beispielsweise in einem Sushi-Restaurant mit mehr als 300 Mahlzeiten einen Fettabscheider? Gemäss Norm ja, allerdings sind es ja nicht diese Speisen, die stark fetthaltig sind und das Leitungsnetz belasten. Die Umsetzung der Norm ist also schwierig zum Greifen.
Stephan Frech: Gibt es denn überhaupt genügend Firmen, die die zusätzlichen Abfälle aufgrund der Änderung einsammeln können?
Marcel Früh: In der Regel kümmern sich Kanal- und Rohrreinigungsfirmen um die Entsorgung und davon hat es genügend auf dem Markt. Ich sehe auch immer mehr Spezialisierungen bei den Biogasanlagebetreibern. Sie kümmern sich vermehrt um die Entsorgung dieser Fette, indem sie die zusätzlichen Fixpunkte in ihren Touren einplanen. So können sie Kosten senken, da sie ja eh unterwegs sind. Ich empfehle allen, in erster Linie direkt mit Biogasanlagebetreibern ins Gespräch zu kommen.
Stephan Frech: Gastrobetriebe, die in naher Zukunft einen Um- oder Neubau planen, müssen sich mit der geänderten Vorschrift auseinandersetzen. Wie gehen sie am besten vor?
Peter Zemp: Entscheidend für die richtige Wahl des Fettabscheiders ist das Konzept des Betriebes: Was will man anbieten, was und wie wird gekocht? Darum ist es wichtig, bereits zu Beginn einer Planungsphase zu wissen, in welche Richtung es gehen soll. Gerade bei Grossprojekten, ist dies manchmal das Problem, weil das Konzept zu wenig geschärft ist und man zu viel annehmen muss. Mit der Senkung der Obergrenze auf 150 warme Mahlzeiten trifft es künftig sicherlich auch mehr Dorfrestaurants, die ziemlich genau wissen, was sie anbieten wollen, wie ihr Konzept aussieht. Das vereinfacht die Planung.
Stephan Frech: Die Änderung bringt natürlich Investitionskosten mit sich. Wie viel Geld muss man in etwa für einen Fettabscheider ausgerichtet auf 150 warme Mahlzeiten investieren?
Marcel Früh: Mit Lieferung und Montage erhält man ab 20‘000 Franken einen guten Fettabscheider, der den Normen voll und ganz entspricht. Bei der Auslegung des Fettabscheiders schauen wir immer, was für Küchengeräte verbaut sind. Je mehr Geräte man hat, die Wasser produzieren, umso grösser muss auch ein Abscheider sein. Dabei kann man auch mit wenigen Geräten viele Mahlzeiten produzieren.
Martin Rüdisühli: Das ist so. Und ein Standard-Fettabscheider ist tatsächlich nicht extrem teuer. Das Problem ist aber, dass Standard nicht überall passt. So kann eine zusätzliche Pumpe aufgrund einer längeren Leitungsführung die Sache schnell verteuern.
Jannik Küng: Es kommt bei der Auslegung aber auch auf das Absaugintervall an. Habe ich beispielsweise ein Bergrestaurant möchte ich die Absaugintervalle möglichst tief halten. Im städtischen Gebiet kommt ein Laster dagegen vielleicht wöchentlich vorbei. Es ist wichtig, dass Gastrounternehmen frühzeitig solche Punkte mit entsprechenden Planern anschauen, denn es braucht entsprechenden Platz.
Marcel Früh: Einfluss auf den Abscheider hat auch die Spülmaschine, die je nach Qualität mehr oder weniger Chemie braucht, was wiederum den Zustand des Fetts verändert.
Martin Rüdisühli: Wenn die Abscheidewirkung nicht funktioniert, kann dies grosse Kosten mit sich ziehen. Es stellt sich die Frage, ob ich mehr in die Erstellungskosten investiere oder in den Unterhalt.
Stephan Frech: Kann es sein, dass die Preise von Fettabscheidern fallen werden?
Martin Rüdisühli: Ich rechne damit, dass die Durchschnittspreise pro Abscheider deutlich fallen werden. Dafür wird es mehr Volumen geben.
Marcel Früh: Ab 300 warmen Mahlzeiten weisen die Fettabscheider eine gewisse Grösse auf und werden fix eingebaut. Für kleinere Küchen braucht es künftig tendenziell kleinere Abscheider, die man leichter wieder ausbauen kann. Das ergibt eventuell die Möglichkeiten von Miet- oder Abhollösungen, womit man die Gesamtinvestitionen senken könnte.
Jannik Küng: Die Herabsetzung der Norm muss nicht nur verpflichtend, sondern kann auch eine Chance sein, beispielsweise die Weiterverarbeitung des Fetts kombiniert mit Essensresten zu Biomüll.
Martin Rüdisühli: Je nach Betrieb ist die Ausgangslage unterschiedlich. Grundsätzlich kann man aber viel steuern. Es ist wichtig und sinnvoll im Sinne des Kunden zu handeln und den ganzen Kreislauf frühzeitig anzuschauen und zu planen.
Jannik Küng: Wichtig ist, dass Betriebe ein Gesamtkonzept erarbeiten und hier frühzeitig mit Planern zusammenkommen, um die Bedürfnisse zu eruieren.
Stephan Frech: Rezyklieren von Fettresten: Kann ein Betrieb seine Investition allenfalls wieder refinanzieren, indem das produzierte Fett weiterverarbeitet wird?
Marcel Früh: Stand heute werden Fett und Schlamm bereits in Biogasanlagen verwertet. Mit der richtigen Anfrage kann man sicherlich Kosten optimieren. Hier setzt Meiko auf technische Lösungen, indem die Speiseentsorgung mit der Fettabscheiderentleerung kombiniert wird, um Gesamtkosten zu senken.
Martin Rüdisühli: Die beste Kreislaufwirtschaft ist die, zu verhindern, was verhindert werden kann. Das ist schwierig beim Kochen, weil das tierische Fett beim Kochen mit Fleisch anfällt. Ziel muss es sein, den Kreislauf zu schliessen, hierfür arbeiten ACO Resitec und Meiko Green eng zusammen. Man muss versuchen, die Kosten von den Betrieben wegzubekommen.
Jannik Küng: Es ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll, dass Fett fachgerecht entsorgt und weiterverwendet wird, statt die Kanalisation runterzuspülen. Das ist ein Ansatz, der spannend ist für einen Gastronomiebetrieb, der den ökologischen Gedanken weiterziehen möchte. Im asiatischen Raum wird Fett bereits gesammelt und mehrfach weiterverkauft und verwendet. Da kommt das Fett vom Gourmetrestaurant, zum Mittelstandrestaurant, geht weiter in den Fast-Food und landet am Schluss in der Kosmetikindustrie.
Martin Rüdisühli: Ich bin überzeugt, dass dieser Handel auch bei uns kommen wird.
Marcel Früh: Beim Frittieröl besteht er bereits. Aber auch ich denke, dass Bewegung in den Markt kommt. Es braucht aber einen technischen Entwicklungsschritt, um das reine Fett abschöpfen zu können.
Fettabscheider – gut zu wissen!
Der Fettabscheider ist ein wichtiger Bestandteil in vielen gastronomischen Betrieben und anderen Einrichtungen, bei denen Lebensmittelverarbeitung stattfindet. Der Zweck besteht darin, Fette und Öle aus dem Abwasser zu entfernen, bevor es in die Kanalisation oder in ein anderes Entwässerungssystem geleitet wird. Damit die Funktionalität eines Fettabscheiders gewährleistet ist, muss er unter Beachtung der Auflagen der zuständigen Behörde und der Vorschriften der Lieferfirmen betrieben sowie regelmässig gewartet werden. Die Leerung/Reinigung wird in regelmässigen Abständen (bspw. monatlich) durchgeführt, während einmal jährlich eine fachkundige Wartung und alle fünf Jahre eine Generalinspektion durchgeführt werden muss. Die Fachleute raten, dass ein Betrieb eine Ansprechperson ernennt, die anstehende Wartungen einplanen und bei Störungen reagieren kann, um Schäden und unnötige Kosten zu verhindern.
Meiko Green Waste Solutions AG
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