Das neue Ziegelhüsi, Stettlen-Deisswil BE:

Die Vision vom Bernapark

08.12.2022
Gourmet 12/22
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Das Ziegelhüsi ist ein kleines Lokal mit 13 Hotelzimmern und einer hervorragenden Küche mit neu 13 Gault Millau-Punkten. Es liegt – frisch renoviert – im Herzen der ehemaligen Kartonfabrik Deisswil. Unweit davon eröffnete letztes Jahr das Ristorante Pizzeria La Famiglia. Beide Restaurants sind Bausteine eines umfangreichen Gastrokonzepts, das innerhalb des Bernaparks Schritt für Schritt Form und Farbe annimmt. Und in beiden Fällen verantwortete die Gschwend AG Gastro-Bau (Thun) den Umbau von der Planung bis zur schlüsselfertigen Übergabe. Richtungsweisend für den Gesamtausbau des Quartiers ist Hans-Ulrich Müller, der die Kartonfabrik 2010 erworben und alle 253 zuvor entlassenen Mitarbeitende wieder eingestellt hat — ein Mann mit Herz, dessen Erfolg auf Werten wie Vertrauen, Respekt und Toleranz basiert, und der Partnerschaften anstrebt, welche diese Werte ebenfalls hochhalten.

Hans-Ulrich Müller ist 72, Vater von drei Kindern und Grossvater von fünf Enkelkindern. Er ist in Belp aufgewachsen, wohnt mittlerweile in Muri BE und war viele Jahre zuständig für das Firmenkundengeschäft als KMU-Chef Schweiz und Regionalleiter Mittelland der Credit Suisse. Früher war er leidenschaftlicher Kunstturner im Schweizer Juniorenkader, heute spielt er gerne Golf, fährt Ski, verbringt viel Zeit mit der Familie und steckt all sein Herzblut in die Entwicklung des Bernaparks, ein Quartier für Wohnen, Arbeit und Freizeit, das auf dem ehemaligen Areal der Kartonfabrik Deisswil Tag für Tag an Substanz gewinnt und im Unterschied zu vergleichbaren Projekten einen besonders innovativen Charakter aufweist.

Wie alles begann

Ein Blick zurück: 1876 gründete Ulrich Joerg auf dem Areal Deisswil bei Stettlen eine Kartonfabrik, die lange florierte und das Ortsbild von Stettlen prägte. Anfangs der 90er Jahre übernahm sie der österreichische Konzern Mayr-Meinhof und entschied sich 2010 aufgrund von Marktschwierigkeiten zur Schliessung des Betriebs. Alle 253 Mitarbeitenden wurden entlassen – ohne Sozialplan, obwohl das Unternehmen Gewinn erzielte und ein erfolgreiches Mutterhaus im Rücken hatte. «Das geht gar nicht», fand Hans-Ulrich Müller und mischte sich ein – nicht mit grossen Worten, sondern mit weitreichenden Taten. «Ich übernahm die Kartonfabrik und stellte alle 253 Mitarbeitenden wieder ein, um mit ihnen aus den Trümmern eine Zukunft zu bauen», sagt Hans-Ulrich Müller zu GOURMET, der damals noch bei der Credit Suisse arbeitete und als vermeintlicher «Ugly Banker» zuerst einmal viel Misstrauen auf sich zog, das sich allerdings rasch zu schierer Dankbarkeit wandelte.

«Ich übernahm die Kartonfabrik und stellte alle 253 Mitarbeitenden wieder ein, um mit ihnen aus den Trümmern eine Zukunft zu bauen.»

Hans-Ulrich Müller, Verwaltungsratspräsident und Inhaber des Bernaparks.

In persönlichen Gesprächen eruierte der Unternehmer, der von einem Tag auf den anderen 253 Mitarbeitende auf der Lohnliste hatte, das Potenzial jeder und jedes Einzelnen. «Das bereitete mir schlaflose Nächte», gesteht Hans-Ulrich Müller gegenüber GOURMET. Karton produzieren durfte er nicht mehr, deshalb entwickelte er die Idee eines Gewerbeparks. Viele Mitarbeitende fanden eine Anstellung bei Firmen, die sich in der alten Kartonfabrik eingemietet hatten, andere in der Berna Industrie- und Dienstleistungspark AG, in die Hans-Ulrich Müller die ehemalige Kartonfabrik umfirmiert hatte.

Einer von ihnen war Ivo Sonderegger. Er war seit einigen Jahren Finanzchef der Kartonfabrik Deisswil gewesen, als er im Frühjahr 2010 entlassen und kurze Zeit später von Hans-Ulrich Müller gefragt wurde, was er gerne mache, gut könne, was ihn motiviere. Für den studierten Betriebsökonomen waren die Antworten und damit die möglichen Arbeitsbereiche sonnenklar. Heute ist Ivo Sonderegger der wichtigste Mann an der Seite von Hans-Ulrich Müller, sein «Sparring-Partner».  Er ist Geschäftsführer des Bernaparks sowie – zusammen mit Verwaltungsratspräsident Dr. Heinz Hofmann  (auch VR der Bernapark AG) und Verwaltungsrätin Sabine Herren (auch Stv. Geschäftsführerin der Bernapark AG) – auch Verwaltungsrat der Ziegelhüsi AG. «Zu Beginn stand das Schaffen einer Perspektive für alle Mitarbeitenden im Vordergrund, schon bald begannen wir jedoch auch mit der Standortentwicklung. Wir starteten mit den Arbeiten am Masterplan und ersten Projekten», sagt Ivo Sonderegger, und Hans-Ulrich Müller ergänzt: «Später ‹verliebte› ich mich in die Möglichkeit, ein Quartier für modernes Zusammenleben zu erschaffen.» Die Idee zum Bernapark reifte in ihm wie ein guter Wein im Eichenfass. Seither befindet sich das Projekt auf dem Weg zum modernen Vorzeigequartier mit einer einzigartigen Verbindung von Arbeiten, Wohnen, Bildung, Freizeit, Kultur und Innovation. Der Bernapark ist heute ein Familienunternehmen, in welchem neben Hans-Ulrich Müller gerade auch seine Frau Marlise eine sehr entscheidende Rolle spielt. Inzwischen sind auch die drei Kinder von Marlise und Hans-Ulrich Müller in das Projekt Bernapark involviert: Caroline Forte als Mitglied von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung, Michèle Müller als Projektleiterin Immobilien und Philipp Müller als Projektleiter. Immer wieder erwähnt Hans-Ulrich Müller auch, welche Freude er an seinen Mitarbeitenden habe und dass sie eine hervorragende Arbeit leisten.

«Zu Beginn stand das Schaffen einer Perspektive für alle Mitarbeitenden im Vordergrund, schon bald begannen wir jedoch auch mit der Standortentwicklung. Wir starteten mit den Arbeiten am Masterplan und ersten Projekten.»

Ivo Sonderegger, Geschäftsführer des Bernaparks und Verwaltungsrat der Ziegelhüsi AG.

Erste Bauetappe abgeschlossen

2016 gab die Stettler Bevölkerung mit ihrem «Ja» zu einer Teil-Umzonung grünes Licht für die Realisierung des Bernaparks und ermöglichte damit den Bau von 173 Wohnungen und Gewerberäumen mit total 45 000 Quadratmetern Geschossfläche. Und weiterhin ist vieles im Bau. «Ab 2024 werden über tausend Schülerinnen und Schüler den Bernapark beleben», sagt Hans-Ulrich Müller. Der Grund: Weil das Gebäude der Schule für Gestaltung Bern und Biel in der Stadt Bern und zu einem späteren Zeitpunkt weitere Objekte saniert werden, hat sich der Kanton Bern im Bernapark eingemietet. Ein zehnjähriger Vertrag sieht eine vorübergehende Nutzung vor, Hans-Ulrich Müller hingegen baut auf 15 000 Quadratmetern State-of-the-Art-Angebote für die Schule für Gestaltung. Entstehen soll nicht ein Provisorium, wie es im Vertrag vorgesehen ist. Er und sein Team bauen eine Dauerlösung, weil er überzeugt ist, dass die Schule für Gestaltung den Bernapark nicht mehr verlassen wird. Die Räumlichkeiten sind einmalig gut für diese Schule, die Inputs der Lehrerschaft und zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer werden in die Planung miteinbezogen.

Die Schule passt auch bestens zur Kunst von Thomas Demarmels. Der ehemalige Lehrer der Schule für Gestaltung zeigt in einer Dauerausstellung im Bernapark seine farbenprächtigen Bilder, mehrheitlich im hyperrealistischen Stil. «Ich wollte nicht nur das wunderbare Werk von Thomas Demarmels sichern, sondern Kunst und Kultur in der Region zeigen und fördern», sagt Hans-Ulrich Müller, der seinen Mikrokosmos immer facettenreicher ausschmückt und die ganze Vielfalt einer Gesellschaft abbildet. Dazu gehören nebst einem Museum ein cooles Fitnesszentrum, das mit schwarzen Spinds und Backsteinmauern einem New Yorker-Bau entrissen scheint. Eine Kita, ein Schönheitssalon, ein Coiffeur, ein Reinigungsunternehmen und viele weitere haben ihren Betrieb im Bernapark aufgenommen, und auch für den Werkhof der Gemeinde Stettlen konnte eine vorübergehende Lösung gefunden werden. Seit Oktober 2020 sind Mieterinnen und Mieter in die 173 Wohnungen eingezogen. Viel neues Leben ist im Bernapark eingekehrt.

Der grosse Gantrisch-Garten

Letzten Sommer eröffnete Bundespräsident Guy Parmelin zudem den neuen und grösseren Standort des Zentrums für Innovation und Digitalisierung (ZID) im Bernapark, das StartUps, SpinOffs und KMUs bei der Umsetzung ihrer Innovationsvorhaben unter die Arme greift. Als fortschrittlich gelten auch die Angebote im Bereich Mobilität: Die RBS hält direkt vor dem Bernapark, Mobility-Sharings werden gefördert und E-Car-Ladestationen mit Solarenergie betrieben. Denn auch die energetischen Ziele sind hochgesteckt: Autark soll der Bernapark werden. Die 3S Swiss Solar Solutions AG testet vor Ort bereits das Potenzial farbiger Fassadenmodule. Grundwasser speist Wärmepumpen, und Batterie- oder Wasserstoffspeicher sollen dereinst den Sommer- und Tagesstrom in den Winter beziehungsweise in die Nacht retten.

Seit 2019 wird in einem breit abgestützten Verfahren an einem zweiten Masterplan für den Bernapark gearbeitet. Die Bevölkerung von Stettlen ist aufgerufen, an der entsprechenden Volksabstimmung über die zweite Umzonung (Gewerbe/Wohnen statt Gewerbe/Industrie) teilzunehmen, weil die Realisierung der Vision Bernapark für die gesamte Gemeinde Stettlen praktisch nur positive Auswirkungen haben wird – dies auch in Bezug auf Umwelt, CO2, Biologie, Arbeitsplätze, Freizeit, Wohnen, Steuereinnahmen und Verkehr.

Wenn sinnbildlich gesprochen der Bernapark das Wohnzimmer ist, dann ist der Gantrisch der Garten. Es sei seine Liebe zum Gantrischgebiet, die ihn dazu gebracht habe, auch in diese Region zu investieren. Vor ein paar Jahren erwarb die Bernapark AG mehrere Häuser im Gantrisch. Das Ottenleuebad, das Berghaus Gurnigel, das Bergheim und zuletzt das Gurnigelbad. Das Restaurant Ottenleuebad («Eringer Lodge») wurde 2021 mit Unterstützung der Gschwend AG Gastro-Bau renoviert und wiedereröffnet, derzeit laufen die Umbauarbeiten in den Obergeschossen, wo bis Frühling/Sommer 2023 zehn neue Hotelzimmer und Studios sowie drei Serviced-Apartments entstehen. Langfristig sollen an den drei Standorten im Gantrisch drei «Resorts» entstehen, wo wie im Bernapark gewohnt, gearbeitet und die Freizeit verbracht werden kann. Die Projektierungen hierfür sind in vollem Gange, wobei im «Chalet Gurnigelbad» bereits heute übernachtet werden kann. Das Gurnigelbad wiederum bietet für die nächsten voraussichtlich fünf Jahre Flüchtlingen eine Bleibe, dennoch soll die Planung an den dortigen Projekten weitergeführt werden.

Der Blick in die Gastrozukunft

Erste Zukunftspläne hat Hans-Ulrich Müller also bereits auf den Tisch gelegt. Seine Vision ist gross, der Bernapark noch lange nicht fertig. Nächstens kommt das Kesselhaus an die Reihe: Wo einst riesige Mengen Kohle gelagert wurden, soll künftig Bier ausgeschenkt werden. Es ist eines von vielen Gastronomiekonzepten, das Hans-Ulrich Müller im Bernapark realisieren will. Eine Markthalle ist geplant, die neue Eventhalle durfte bereits die ersten Gäste empfangen und die BEKB-Lounge ist ebenfalls in der Realisierungsphase. Letzteres ist ein Club, um Unternehmerinnen und Politiker an einen Tisch zu bringen, nicht nur zum Essen, sondern, um Ideen zu finden, Entschlüsse zu fassen, Kooperationen zu lancieren.

Denn während die Gebäude das Gerippe des Bernaparks bilden, sind die Gastrokonzepte sozusagen die Muskelmasse. Sie gehören zur Substanz, sie bewegen, sie haben die Kraft, Menschen an einem Tisch zusammenzubringen und zu begeistern. Denn Essen verbindet, und genau deshalb ist die Gastronomie essenziell. Einiges ist bereits umgesetzt, das Bistro im Fitness Kraftakt beispielsweise, die Bäckerei Reinhard, zwei Food-Trucks oder das FudLäb, ein kulinarisches Forschungs- und Experimentierstudio, dessen Team in den vergangenen zwei Sommer die Terrasse Waaghüsli betrieb und künftig mit einem voll ausgestatteten Küchenlastwagen eine mobile Küchenlogistiklösung anbietet. «Je grösser das Angebot, desto mehr Gäste kommen», davon ist Hans-Ulrich Müller überzeugt, der den Bernapark auch als eine Art Labor versteht.

Gschwend AG Gastro-Bau gestaltet Gastronomie

Im Ziegelhüsi geht Hans-Ulrich Müller gerne ein und aus. «Ich nehme meist das Menu und wurde noch nie enttäuscht. Das Essen ist einfach, aber aufwändig produziert, frisch, herzlich, immer eine Überraschung. Küchenchefin Alexis Jauregui setzt auf eine kleine, saisonale Karte, ihre Küche ist mit neu 13 Gault Millau-Punkten dotiert. Und dank dem neuen Innenausbau durch die Gschwend AG Gastro-Bau ist auch das Ambiente ansprechend und gemütlich», sagt Hans-Ulrich Müller. «Wir konnten hier unser gesamtes Dienstleistungsangebot einbringen, von der Planung über die Ausführung bis zur schlüsselfertigen Übergabe», betont Raymond Zürcher, Geschäftsinhaber der Gschwend AG Gastro-Bau, gegenüber GOURMET.

«Wir konnten unser gesamtes Dienstleistungsangebot einbringen, von der Planung über die Ausführung bis zur schlüsselfertigen Übergabe.»

Raymond Zürcher, Geschäftsinhaber der Gschwend AG Gastro-Bau.

Die Experten innovativer Gastro-Konzepte haben die 13 Hotelzimmer umfassend saniert und konnten die Räume mittels Einsicht in die Nasszellen wohnlicher und offener gestalten. Auch die Gaststube hat das kompetente Team sanft saniert. Unter anderem auch die Bar- bzw. Buffetanlage. Eine Herausforderung war das Frühstücksbuffet, das zuvor im oberen Stock angerichtet wurde. Die Lösung war eine Zweifachnutzung: Zum Frühstück wird die Barverkleidung hochgeklappt und bietet in Form von Tischen Platz für die Köstlichkeiten. «Das gesamte Mobiliar ist neu und hochwertig, ausserdem haben wir im Gewölbekeller den Boden saniert und die Beleuchtung angepasst. Tabula rasa machten wir hingegen in der Küche», sagt Hans-Ulrich Müller. «Wir haben sie nach Kaizen, einer Methode zur steten Perfektionierung, neu und kleiner konzipiert und gleichzeitig die Abläufe optimiert.»

«Wir werden die Gastronomie im Bernapark weiterhin mitgestalten und haben gewisse Pläne bereits in der Schublade.»

Hans Brönnimann, Geschäftsmitinhaber und Innenarchitekt der Gschwend AG Gastro-Bau.

Zuvor hat die Gschwend AG Gastro-Bau bereits das italienische Restaurant La Famiglia geplant, gebaut und komplett eingerichtet. Das Konzept mit Pizza und Pasta ist authentisch und bestechend, das Ambiente ausserordentlich stilvoll, warm und gemütlich. Der besondere Hingucker: Lampen aus rezykliertem Verpackungskarton, passend zur Geschichte des Areals. Zum La Famiglia gehört zudem eine Gelateria mit Cafeteria. Das italienische Restaurant und das Ziegelhüsi sind auch für die Gschwend AG Gastro-Bau der Anfang von etwas Grossem. «Wir werden die Gastronomie im Bernapark weiterhin mitgestalten und haben gewisse Pläne bereits in der Schublade», betont Geschäftsmitinhaber und Innenarchitekt Hans Brönnimann, der jeweils für das Look&Feel der Projekte verantwortlich zeichnet.

«Das Team der Gschwend AG Gastro-Bau hat wirklich einen super Job gemacht», bestätigt Hans-Ulrich Müller, der sich gerne mit Menschen umgibt, welche die gleichen Werte hochhalten wie er, der dauerhafte Kooperationen anstrebt, die auf Vertrauen, Respekt und Toleranz basieren. «Ich überlege mir gut, welche Partnerinnen und Partner ich ins Boot hole, denn gute Verhältnisse entstehen allmählich, sozusagen in einem kontinuierlichen Annäherungs- und Findungsprozess und sind schliesslich die solide Basis für die Umsetzung erfolgreicher Projekte.»


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Tel. 031 932 60 00

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